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91 Premieren beim Crossing Europe Filmfestival in Linz

„Crossing Europe“ startet am 27. April in Linz unter neuer Leitung und als Präsenzveranstaltung mit klassischem Festival-Feeling. Das drittgrößte Filmfestival Österreichs nach Viennale und Diagonale bietet bis 2. Mai einen Querschnitt durch das europäische Kino. 148 Spiel- und Dokumentarfilme aus 34 Ländern sind im Moviemento, CityKino, OÖ Kulturquartier und Central zu sehen, davon 91 Premieren, dazu Filmgespräche und Diskussionen.

Nach der pandemiebedingten Absage des Festivals 2020 und eingeschränktem Programm im Vorjahr soll in diesem Jahr wieder alles zur Normalität zurückkehren. Nach einer Pause bei Corona kehrt die Nightline mit einem musikalischen Abendprogramm zurück. Der zusätzliche Sitzplatz im Central und die Streaming-Spur sind von der Pandemie reserviert. Neben dem physischen Kinoerlebnis sind auf der Plattform KINO VOD CLUB zehn Festivalfilme zu sehen, und erstmals in diesem Jahr gibt es eine Sammlung von Filmen aus früheren Festivalausgaben von filmfriend.at, Festivalleiterinnen Katarina Riedler und Sabine Gottesreiter Pressekonferenz am Mittwoch.

Den Auftakt macht am 27. April Nicolet Krebitz’ Berlinale-Beitrag „AEIOU – Das schnelle Alphabet der Liebe“, eine Liebesgeschichte zwischen einer alternden Schauspielerin und einem jungen Dieb. Ebenfalls zu Beginn beschäftigt sich der portugiesische Dokumentarfilm Journey to the Sun von Susanna de Souza Diaz und Ansgar Schaefer mit dem Trauma von Krieg und Vertreibung und zeigt das Schicksal von Kindern, die das zerbombte Nachkriegs-Wien nach Portugal „geschickt“ hat. Als zusätzlichen Film zur Eröffnung präsentiert der belgische Tribute-Gast Fabrice du Welz die Österreich-Premiere ihres aktuellen Thrillers „Unerbittlich“, mit Benoit Poelward als neurotischem Autor mit Schreibblockade. Die Aufzeichnung für Nachtsicht beginnt mit dem erschreckenden Debütfilm „Hatching“ der finnischen Regisseurin Hannah Bergholm.

Das Programm ist in vier Wettbewerbssektionen unterteilt – Kunst, Dokumentarfilm, Lokale Künstler und Jugendkategorie YAAAS! – sowie die Arbeitswelten, die in diesem Jahr den Titel “Pflege” tragen, und die Reihe Architektur & Gesellschaft, die sich dem Thema “Boden für alle!” widmet. So beschäftigt sich die oberösterreichische Regisseurin Ella Rydell in The Ghost Cup mit chinesischen Geisterstädten. Das Europapanorama zeigt Highlights der aktuellen Festivalsaison. Uraufgeführt wurde hier unter anderem das Künstlerporträt von Philipp Hochmeiers „Jedermann und ich“ von Katarina Petke, die sich auch mit der Frage beschäftigt, wie man sich jemandem nähert, der sich als Schauspieler eigentlich der Illusion verschrieben hat.

Die Nachtschicht widmet sich einmal mehr dem Fantasy-Genre, auf dem Programm steht die bitterböse französische Horror-Satire „Barbaque / Manche mögen’s selten“ über veganen Schinken im wahrsten Sinne des Wortes. Ehrengast ist in diesem Jahr der belgische Regisseur Fabrice du Welz. Der Abschlussfilm des diesjährigen Festivals wird ein weiterer Beitrag zur Berlinale sein: Anika Pinskys Debütfilm „Alle reden über die Zeit“ erzählt die Geschichte von Clara, die als Dozentin den Sprung aus der ostdeutschen Provinz nach Berlin schafft, sich aber damit auseinandersetzen muss mit wie hoch der Preis ist. Dazwischen verhandeln zahlreiche Tapes über gesellschaftspolitisch wichtige Themen von Krieg über Migration bis hin zu LGBTQ+. Morias Dokumentarfilm Nasim wirft einen Blick auf den Alltag im griechischen Flüchtlingslager. Das Sanatorium Druzhba des Österreichers Harald Hund beschäftigt sich mit den Beziehungen zwischen Ukrainern und Russen auf der Krim – obwohl der Film vor dem Krieg gedreht wurde.

Dem Thema totalitäre Systeme sind mehrere Tapes gewidmet. Gabor Fabricius’ Debüt im Spielfilm „Erasing Frank“ handelt von einem charismatischen Sänger einer verbotenen Punkband, der zum Schweigen gebracht werden muss. Jan P. Matuszynskis „Leave No Trace“ basiert auf der wahren Geschichte des Mordes an einem jungen polnischen Militärstudenten in Polen in den 1980er Jahren und der staatlichen Vertuschung.

Ein Schwerpunkt lag auf der Gender-Programmierung: 53 Prozent der Filme im gesamten Programm – mit Ausnahme des Special Program for Local Artists, das dem Linzer Experimentalregisseur Dietmar Bram gewidmet ist, und dem Tribute – wurden von Frauen (mit-)gedreht. Bei dem Wettbewerb werden Sach- und Geldpreise im Gesamtwert von 26.500 Euro erwartet. Das Budget des Festivals beträgt in diesem Jahr rund 750.000 Euro. Eine solide Ausstattung, so Gottesroither und Riedler, aber angesichts steigender Kosten – darunter Bemühungen wie Green- und Gender-Programme sowie faire Bezahlung – müssten Förder- und Sponsorengelder aufgewertet werden.