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Mehr als 3.000 Nachmeldungen: Verwirrung um “neue” CoV-Todesfälle

Die „neuen“ Todesfälle wurden zunächst in die AGES-Daten – und damit in die ORF.at-Charts – aufgenommen. Doch statt der angekündigten 3.412 sind es 3.075 Todesfälle, die allesamt bis ins Jahr 2022 zurückreichen. Mit der Nachmeldung steigen die pandemiebedingten Todesfälle um gut 20 Prozent.

Warum sie nicht mehr in einem der beiden Systeme erfasst werden, ist nicht ersichtlich. Auf Anfrage von ORF.at oder einer anderen Stelle erfolgte keine Reaktion des Gesundheitsministeriums. Im Morgenbericht der Ministerien müssen die Daten am Donnerstag korrigiert werden. Allein aus Niederösterreich wurden Ende März mehrere hundert Todesfälle gemeldet.

Nach Angaben des Ministeriums wurden die Personen als infiziert identifiziert. Damals stand die Todesmeldung in keinem Zusammenhang mit den Daten. Geschieht dies nicht, werden die Fälle nach einiger Zeit automatisch als genesen eingestuft. Das ist hier wohl in den meisten Fällen passiert. Die Zahl der Genesenen ging nach der Löschung der Daten um fast 2.900 zurück.

Es breitet sich während der Pandemie aus

Folgetodesfälle wurden bereits in der Todesursachenstatistik der Statistik Austria erfasst. Dazu gehören Todesfälle durch Covid-19 als Grunderkrankung oder als Komorbidität, die aufgrund verspäteter Meldung noch nicht beim EMS registriert wurden. Das Nachmeldeverfahren wird im Rahmen eines jährlichen Datenabgleichs durchgeführt, den das BMAS und die AGES in Kooperation mit der Statistik Austria im Sinne der Qualitätssicherung durchführen.

Im EMS und damit im AGES-Datensatz, auf dem die ORF.at-Statistik basiert, werden Todesfälle dem korrekten Sterbedatum zugeordnet. Dies zeigt auch auf einen Blick (Zeitraum in der Grafik unten auf „Gesamt“ setzen), dass sich die noch nicht registrierten Todesfälle über den Pandemiezeitraum bis Ende 2021 verteilen – und einige davon auf den Beginn der Pandemie fallen , und auch im Sommer 2020. ORF.at schätzt, dass alle 550 Tage Todesfälle hinzukommen.

Zwei verschiedene Datenquellen

Das Problem sei, dass die Daten nicht zentral, sondern von den einzelnen Kreisbehörden in das EMS eingegeben würden, so Statistiker Erich Neuwirth gegenüber der APA. “Die Datenqualität hängt von der Eingabe und der Eingabekontrolle ab.”

Die Datenlage in den letzten Jahren der Pandemie war bereits unübersichtlich. Nach langer Zeit konkurrieren zwei Quellen: einerseits der Morgenbericht der Ministerien, der sich aus den Meldungen der Bundesländer speist, und andererseits die Daten des epidemiologischen Meldewesens, die als veröffentlicht werden Rohdaten am Morgen und korrigiert von AGES am Nachmittag. Letztere zeichnen sich dadurch aus, dass laborbestätigte Fälle, Todesfälle etc. sie werden nicht zum Zeitpunkt der Meldung, sondern zum Zeitpunkt der Diagnose oder des Todes ausgewiesen.

Er starb an und mit dem Coronavirus

Unterschiede zwischen den beiden Quellen gab es jedoch nicht nur aufgrund unterschiedlicher Meldezeiten und Behandlungssysteme, sondern auch im Bereich der Todesfälle, da leicht unterschiedliche Definitionen des Coronavirus-Todes verwendet wurden. Die Zahl der Todesfälle gibt bereits Anlass zur Sorge – auch weil im Zweifelsfall oft nicht festgestellt werden kann, ob Covid-19 die wahre Todesursache oder nur eine Nebendiagnose ist.

Experten weisen darauf hin, dass es bei vielen älteren Menschen und vielen Krankheiten, die auch ein hohes Risiko darstellen, schwierig ist, nachzuweisen, was letztendlich direkt für den Tod verantwortlich ist. Der vielzitierte Fall eines ebenfalls positiv getesteten tödlich verletzten Motorradfahrers dürfte laut WHO-Definition nicht in die Statistik aufgenommen werden. Auf jeden Fall sollte es nicht viele solcher Fälle geben.

Kritik an der Opposition

Angesichts der Vielzahl an Nachmeldungen stellte NEOS ein erneutes „Datenchaos des Gesundheitsministers“ und ein „völlig verfehltes Pandemiemanagement“ fest. „Seit mehr als zwei Jahren stolpert die Regierung ziellos durch die Pandemie und hat es tatsächlich versäumt, eine solide Datenbasis zu schaffen“, sagte NEOS-Pandemiesprecher Gerald Locker am Mittwoch der APA.

„Wir NEOS haben immer wieder davor gewarnt, dass die Datenbanken der Sozialversicherung, des Ministeriums und der Krankenhäuser nicht richtig verbunden sind und wichtige Informationen verloren gehen“, sagte Locker. Das Coronavirus werde aber bleiben, daher müsse die Bundesregierung endlich einen Weg finden, „wie unser Gesundheitssystem krisenfest werden kann und wie wir ohne aufgeschlossene Politik, ohne Kollateralschäden, ohne verpasste Chancen und ohne mit dem Virus leben können Chaos in den Daten “, beharrte Locker.

SPÖ-Chefin Pamela Randy-Wagner zeigte sich „betroffen“. Sie kritisierte auf Twitter, dass die Regierung so viele „Kein Kommentar“-Todesfälle gemeldet habe. “3412 Schicksale. Das macht einen betroffen“, sagte Randy-Wagner. „Man sollte sich nicht wundern, wenn die Menschen nicht mehr wissen, was sie glauben können und was nicht.

Nicht nur in Österreich ein Problem

Datenchaos ist kein rein österreichisches Phänomen. Auch in Deutschland wurde die Diskrepanz in den Daten kritisiert, teilweise wurde suggeriert, die Fälle seien auch nicht ganz richtig. Es gibt auch zwei Möglichkeiten, die Todesfälle durch Coronaviren in Großbritannien zu zählen, und somit zwei verschiedene Todesfälle. Und generell ist die Zählweise von Land zu Land unterschiedlich und hat sich im Laufe der Pandemie teilweise geändert. Großbritannien zählte in der ersten Welle nur Todesfälle in Gesundheitseinrichtungen und Altenheimen, während Belgien alle Todesfälle in Altenheimen als Coronavirus-Tote einstufte – und damit die internationale Sterblichkeit lange übertraf.