Immer neue Vorwürfe gegen Schwezig und die “verlorene” Steuererklärung
Von Thomas Schmol 24. April 2022, 19:59 Uhr
Der Ministerpräsident in Schwerin sieht sich im Zusammenhang mit der staatlichen Stiftung zum Bau von Nord Stream 2 immer wieder neuen Vorwürfen ausgesetzt. Besonders kurios ist ein Prozess, bei dem es um mehrere Millionen Steuergelder geht.
Es ist selten, dass Bundesstaatsoberhäupter im Bundestag sprechen. Am 18. September 2020 war dies der Fall. Manuela Schweizig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, ließ es sich nicht nehmen, aber es war ihr liebstes politisches Projekt: Nord Stream 2. Das Parlament hatte zwei Vorschläge. Die Grünen wollten den Bau der Strecke sofort stoppen, die AfD warb für den Weiterbau.
„Die Pipeline untergräbt die strategische außenpolitische Souveränität. Und konterkariert die europäischen Klima- und Energieziele“, begründet die damalige Parteivorsitzende und heutige Außenministerin Analena Burbock die Forderung ihrer Fraktion gegenüber den Grünen. “Was für ein Unsinn”, sagte der Sozialdemokrat Carsten Schneider, jetzt Beauftragter der Bundesregierung für Osteuropa. Burbock argumentierte, die PSD habe immer wieder die fatalen Folgen der Moskauer Außenpolitik beklagt. „Aber gleichzeitig konterkarieren Sie mit Ihrer politischen Unterstützung für diese Pipeline alle Sanktionen gegen Russland und unterstützen den Kreml auch mit Milliardeneinnahmen über den Gaskonzern Gazprom.
Dann war Schweizig an der Reihe. Sie erwäge kurz, im Bundestag zu sprechen, sagte der Ministerpräsident. Du hast dich dafür entschieden. Denn es handle sich nicht nur um ein “russisches Projekt, sondern um ein milliardenschweres Infrastrukturprojekt im Interesse Deutschlands, Westeuropas, bereits zu 97 Prozent fertiggestellt”. Auf kritische Fragen der Grünen ging Schweizig nicht ein, denn die Grünen wählen viele Themen aus, vereinen sie, bringen sie regelrecht durcheinander. Und dann gibt es noch so eine Bewerbung.“ Deshalb bin ich „überhaupt nicht bereit“, auf verschiedene Aspekte der Grünen einzugehen. Das Protokoll wurde von SPD, Union, FDP und AfD begrüßt.
Ansonsten beklagte sich der Ministerpräsident erneut über US-Sanktionsdrohungen gegen deutsche Firmen, die die Pipeline bauen wollten. Sie erklärte, dass die Amerikaner nur ihr fraktioniertes Gas verkaufen wollten und dass russisches Gas eine Übergangstechnologie für die Energiewende sei. Schweizig empfahl “Objektivität und Differenzierung” der Grünen.
Die Kritik an der Landesstiftung hält an
Nun sind es die Grünen, die Schweizg Objektivität und Differenzierung, vor allem aber Offenheit und Transparenz empfehlen. Sie werfen dem Sozialdemokraten vor, mit einer „anhaltenden Intransparenz gegenüber dem Parlament“ demokratische Grundregeln zu untergraben, um einen Rücktritt zu vermeiden. Der Schweriner Landtagsabgeordnete Hannes Dam beklagt, dass Schweizig, ihre Minister und ihre Verwaltung zurückhaltend seien oder Details preisgeben.
Der Druck auf die SPD-Politik hält unvermindert an, da immer neue Hinweise auftauchen, die zeigen, wie nahe die Treuhänder von Gazprom an ihr waren. Die Transparenzplattform „Ask the State“ veröffentlichte eine E-Mail der Kommunikationsabteilung von Nord Stream an die Ministerpräsidentin unmittelbar nach ihrem Erscheinen im Bundestag. Sie sei dankbar für die “starke Unterstützung”. Der Brief enthält auch Argumente, um weiterer Kritik vorzubeugen. Schwesig muss darauf hinweisen, dass das privat finanzierte Projekt „nicht nur die Versorgungssicherheit, sondern auch den Wettbewerb auf dem europäischen Gasmarkt mit entsprechenden positiven Effekten verbessert“.
Die Kritik an der von Schweizg weitgehend geschaffenen Staatsstiftung hält an. Immerhin gibt es Hinweise darauf, dass die Fazilität nur genutzt wurde, um US-Sanktionen mit einem „Geschäftsbetrieb“ zu umgehen und die Pipeline fertigzustellen. Schweizig hat dies nie bestritten, aber den Klima- und Umweltschutz immer als „Hauptziel“ der Anlage genannt. Das ist schon zweifelhaft.
Nord Stream 2, eine Tochtergesellschaft von Gazprom, hat 20 Millionen Euro in die Stiftung eingebracht. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern erhielt von dem Unternehmen PR- und organisatorische Beratung, um die Strecke öffentlich zu rechtfertigen und fertigzustellen. Schwezig sagte, angesichts der Größe des Projekts sei “klar, dass sowohl die Landesregierung als auch der Ministerpräsident mit Investoren verhandeln”. Gleichzeitig nannte sie die Ebene von Innenminister Christian als Gründungsidee der Stiftung, die in der Öffentlichkeit so auftrete, als wolle sie ihren Parteikollegen zum Pfand machen.
Besteht eine offene Steuerschuld?
Jüngster Vorwurf gegen die Landesregierung lautet, sie habe “vergessen”, mehrere Millionen Euro an das Finanzamt abzuführen, wie der Grünen-Politiker Damm sagte. Auf Nachfrage räumten Schweziger Beamte ein, dass die Stiftung „nicht gewinnorientiert, sondern steuer- und gebührenpflichtig“ sei. Das bedeutet, dass das Finanzministerium 20 Millionen Euro von der Nord Stream 2 AG und die Zahlung von 200.000 Euro aus Steuergeldern an die Anlage erhalten muss – am Ende sind es rund zehn Millionen Euro für die Staatskasse. Nach eigenen Angaben fragte der Grünen-Politiker am 7. April Finanzminister Heiko Gewe, ehemaliger Leiter des Landesamtes in Schwerin und Treuhänder der Schweizig, ob die millionenschwere Steuerschuld unbezahlt sei. Geue hat dazu nichts Konkretes gesagt.
Das Cicero Magazine, das den Vorgang öffentlich machte, zitierte die Stiftung mit den Worten: „Die Steuererklärungen wurden eingereicht.“ Weitere Aussagen zum Steuergeheimnis sind nicht möglich. Das zuständige Finanzamt Ribnitz-Damgarten sagte Cicero, die Steuererklärungen seien “verloren gegangen”. Nach Angaben der Stiftung wurden später Kopien zur Verfügung gestellt. Angeblich soll das Finanzamt Anfang 2022 einen positiven Bescheid zur Befreiung der Stiftung von der Schenkungssteuer bekannt gegeben haben. Geue wies Vorwürfe zurück, er habe “in der Sache mitgewirkt” und enthielt sich der Stimme. „Das ist nicht wahr“, zitierte der SDP-Mann Cicero.
Unklar ist auch, wie genau das „Geschäftsunternehmen“ funktionierte. Die Opposition im Landtag rätselt, ob die Struktur Material für die Pipeline eingekauft und bestellt hat – vermutlich über Tochterfirmen. Das Spezialfrachtschiff „Blue Ship“ beispielsweise ist seit Juli 2021 bei der Stiftung. Doch was genau es tat, ist ebenso unklar wie die Frage, ob die 20 Millionen Euro von Nord Stream 2 wirklich nicht in das „Geschäft“ geflossen sind „Operationen“, so die Stiftung. Eine Notiz in den Akten der schwedischen Kanzlei zeigt das Gegenteil.
Grünen-Politiker Walker Beck hat Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Auf Twitter sprach er vom Verdacht verschiedener Steuerdelikte „und möglicherweise sogar“ des „Handelns einer fremden Macht gegen das Staatsinteresse der Bundesrepublik Deutschland“.
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