Mehrere Beschwerden und Berufungen sind anhängig oder unbeantwortet, beispielsweise beim Justizministerium, der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, dem Bundespräsidenten. Er hat sogar Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Ihm zufolge wurden die Chats unzulässig bewertet und unzulässig an die Kommission übergeben. Von dort, so Pilnacek, seien einige von ihnen „unzulässig“ in die Medien gelangt.
Er könne derzeit nicht einschätzen, „ob aus dem Zusammenhang gerissene Passagen schädlich für mich sind – deshalb verweigere ich im Moment die Aussage“, sagte der ehemals mächtige Sektionschef. Er ist jedoch immer bereit, zum U-Komitee zurückzukehren, nachdem er alle E-Mails und Chats gesehen und überprüft hat. – Fragen beantworte ich gerne.
Laut Pilnacek hat er sein ganzes Leben lang dem Rechtsstaat gedient. Seine Position im U-Ausschuss sei mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens nicht vereinbar. Abgesehen davon startete Pilnacek einen totalen Angriff. So kritisierte er etwa, dass die Generalstaatsanwaltschaft ihr Verfahren zwar nach Innsbruck delegiert habe, das Justizministerium aber „die Entscheidung ausgehöhlt“ habe, indem es den für die Wiener Ermittlungen zuständigen Staatsanwalt in Innsbruck ernannt habe. „Das ist auch ein politischer Einfluss“, sagte Pilnacek.
Er kritisierte auch die WKStA, die Berichten zufolge eine “Abschussliste” habe, auf der auch Oberstaatsanwalt Johann Fuchs und Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aufgeführt seien. Vielleicht sollten die Abgeordneten in Betracht ziehen, dass sie, wenn sie die Aktivitäten der Agentur in Frage stellen, als Nächstes auf der Liste stehen könnten, sagte Pilnacek. Offenbar fühlt sich die WKStA so mächtig, dass sie in den Medien bekannt geben kann, mit welchen staatlichen Stellen sie nicht mehr kooperiert. Mitte März zog die WKStA sämtliche Ermittlungsaufträge der SoKo Tape in der Ibiza-Produktion zurück. „Die WKStA fühlt sich wie eine Insel an, die innerhalb unseres staatlichen Gefüges nicht der Kritik unterliegt.“
Der abgesetzte Sektionschef kritisierte auch den Vorsitzenden des Oberlandesgerichts Innsbruck, Klaus Schröder, der von einer gründlichen Neubewertung des Pilnacek-Systems sprach. Es sei “erniedrigend, unmenschlich und voreingenommen”, sagte Pilnacek, “und es ist nicht mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens vereinbar.”
Zuvor war Fuchs, der Leiter der Wiener Oberstaatsanwaltschaft, eingeladen worden. Die Opposition sieht ihn wie in Pilnacek als Unterstützer eines türkischen Netzwerks in der Justiz. „Ich gehöre keiner Partei an, ich bin in keinem Netzwerk“, sagte Fuchs. Politische Einflussnahme auf die Ermittlungen könne er ausschließen, was für ihn auch bedeutungslos wäre, wiederholte er bei seiner Vernehmung.
Der 1965 geborene Niederösterreicher ist seit 2018 Leiter der OStA Wien, die auch die Arbeit der WKStA beaufsichtigt – ein tiefer Konflikt zwischen diesen beiden Ermittlungsbehörden seit Jahren. Streitigkeiten – etwa um Causa Eurofighter – wurden zwischen Fuchs, Pilnacek einerseits und der WKStA bzw. deren Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda andererseits auch öffentlich in Interviews mit Beschwerden und Kontraindikationen geführt.
Er sei Staatsanwalt – und als solcher an das Gesetz gebunden, sagt Fuchs. Sein Ziel als Oberstaatsanwalt war und ist es immer, die ihm zugeordneten Staatsanwaltschaften durch „kollegialen Dienst und Fachaufsicht“ zu unterstützen – nicht zu behindern.
Er hat auch nie Ermittlungen oder Überwachungen gegen die WKStA geplant oder eingeleitet – so etwas hat es nie gegeben. Das diesbezügliche Gespräch mit Pilnacek spiegele nur die “Grad Verzweiflung” darüber wider, dass immer wieder Insiderinformationen aus Dienstbesprechungen oder Weisungen an die Öffentlichkeit gelangt seien. Sie wollten also ein „Überwachungssystem“ aufbauen. „So können wir uns proaktiv einen besseren Überblick über die Lage verschaffen.“ Es gehe nicht darum, Ermittlungen einzuleiten, sondern lediglich darum, Medienveröffentlichungen künftig systematischer zu überwachen („Zeitungen lesen“) und zu schauen, welche Insiderinformationen in die Medien gelangen.
Bei den Mediengesprächen handele es sich jedoch um persönliche Kommunikation, etwa um ein „Plauschchen“ in einem Wirtshaus, sagte Fuchs: „Es gab auch viele Dinge, die nicht machbar waren.“
Auch Deutungen, er habe im Zuge der Ermittlungen gegen ihn versucht, belastende Daten zu löschen, dementierte Fuchs “entschieden”. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelt hierzu und stellt alle Ermittlungen ein oder leitet sie mangels Anfangsverdacht gar nicht erst ein.
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