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Migros missfällt Plastiksammeltüten

Der erste Versuch ging gründlich schief. Vor zwei Jahren hat die Migros mit viel Lärm angekündigt, schweizweit ein Kunststoff-Recycling-System aufzubauen. Dies kündige eine „neue Ära der Nachhaltigkeit“ an, sagte der Einzelhändler stolz. Nur kurze Zeit später musste die Migros das Projekt zum Sammeln von Plastik in ihren Filialen stoppen: Die Aktion war nicht mit den Behörden abgestimmt.

Nun wagt die Migros in Zürich einen erneuten Versuch. In Zusammenarbeit mit der Stadt Zürich startet im Sommer ein Pilotbetrieb zum Recyceln von Plastik in vier Filialen: Konsumentinnen und Konsumenten können dort Sammeltüten kaufen, diese mit Plastikabfällen wie Joghurtbechern oder Fleischverpackungen füllen und im Supermarkt zurückgeben. . Sammelstellen gibt es bisher nur in der Zentralschweiz und in den VD-Regionen Fribourg und Lausanne.

Die Migros wirtschaftet alleine

Doch das scheinbar selbstlose Engagement des orangefarbenen Riesen für die Umwelt sorgt hinter den Kulissen für viel Ärger. Tatsächlich hat sich die Branche kürzlich entschieden, zusammenzuarbeiten, um eine Lösung für ein schweizweites Kunststoffrecyclingsystem zu finden. Die Migros ist Teil dieser Vereinbarung namens Collection 2025 – ebenso wie Coop, Aldi und Lidl.

Der Detailhandelsverband Schweiz (SRF), der unter anderem die Interessen von Aldi, Lidl und Volg vertritt, ist alles andere als glücklich, dass die Migros alleine zurechtkommt. Aus Verbandssicht sei es „besser und wichtiger“, das Projekt Sammlung 2025 weiterzuentwickeln, sagt Geschäftsführerin Dagmar Jenny. Um es noch klarer zu sagen: “Wenn jetzt lokale opportunistische Fakten geschaffen werden, kann der Aufbau eines nationalen Systems viel schwieriger sein.” Und: Die gemeinsame Anstrengung “sollte jetzt nicht torpediert werden”.

Verbraucher finanzieren Recycling

Warum geht die Migros allein mit Kritik um? Wie so oft geht es ums Geld – und um die Frage, wer die Kosten trägt. Denn Verpackungen zu sammeln und zu recyceln kostet mehr Geld als sie zu verbrennen – was schlecht fürs Klima ist.

Die Migros setzt sich mit ihrem Projekt für eine Finanzierung durch die Konsumentinnen und Konsumenten ein. Andere Akteure hingegen plädieren für eine vorgelagerte Finanzierung, ähnlich wie bei der PET-Sammlung. Bei PET verlangen Hersteller und Händler für jede verwendete Flasche ein paar Rappen, um das Recycling zu finanzieren. Über Recyclingkosten muss sich der Verbraucher keine Gedanken machen.

Deshalb findet Johanna Golnhofer, 34, Professorin für Marketing an der Universität St. Gallen, die Plastiktüte zum Sammeln des Problems problematisch. „Es verlagert die Verantwortung von den Unternehmen auf die Verbraucher“, sagte sie.

Es muss in der Verantwortung der Produzenten liegen

Ist das Recycling bereits im Kaufpreis des Joghurtbehälters enthalten, nimmt der Verbraucher davon kaum etwas wahr. „Aber wenn ich mich im Laden entscheiden muss, Geld für einen Sack auszugeben, ihn zu Hause aufzufüllen und dann zurückzugeben – dann überlege ich es mir zweimal.“ Wenn Sie ein neues System etablieren wollen, ist es daher entscheidend, dass „Hürden so gering wie möglich“ sind.

Ein System, in dem Hersteller Verantwortung für ihre Produkte übernehmen, erleichtert es zudem, Anreize für umweltfreundliche Verpackungen zu setzen. Zum Beispiel von Herstellern und Händlern, die für schwer recycelbare Verpackungen einen höheren Preis zahlen – und für Verpackungen aus langlebigen Materialien einen niedrigeren Preis. Solange die Verantwortung für das Recycling beim Verbraucher liegt, gibt es keinen Anreiz für solche industriellen Lösungen.

Die Migros würde eine industrielle Lösung begrüssen

Die Frage, warum die Migros beim Plastikrecycling trotzdem den Sammelbeutel wählt, beantwortet das Unternehmen nicht direkt. Stattdessen heißt es auf Nachfrage: Ziel des Unternehmens sei es, „den Plastikkreislauf zu schließen“. Wir begrüßen die Bemühungen um eine industrielle Lösung. Zudem könne die Migros «wichtige Erfahrungen mit dem Sammelsack sammeln, die sie nun auch bei der Ausgestaltung einer möglichen Branchenlösung und eines nationalen Systems einsetzt».

Wird sich die Migros deshalb auf politischer Ebene für eine konsumentenfinanzierte Lösung einsetzen? Der Händler will sich nicht einmischen. «Wenn das Projekt Collection 2025 andere Optionen eröffnet, die zum selben Ziel führen, den Kreislauf sukzessive zu schliessen, ist die Migros offen für andere Lösungen», heisst es weiter.

Mit anderen Worten, der Kampf um die Finanzierung wird wahrscheinlich weitergehen.

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