Germany

Russen und Ukrainer prallen aufeinander, die Polizei schlichtet

9. Mai in Berlin: Das Wichtigste in Kürze

  • Am 9. Mai feiern die Russen den Tag des Sieges über Nazi-Deutschland.
  • Wegen des Krieges in der Ukraine bereitet sich die Berliner Polizei auf Zusammenstöße vor. 1.800 Polizisten sind in Berlin stationiert.
  • Etwa 500 Menschen kamen zum Brandenburger Tor, 200 zum Treptower Park. Unsere Reporter schätzen viel mehr Menschen vor Ort.
  • Auch das Zeigen ukrainischer und russischer Flaggen an sowjetischen Gedenkstätten wurde am 9. Mai verboten.
  • Die HDZ Berlin will gegen das Flaggenverbot klagen.
  • Die pro-russische Motorradgruppe Night Wolves ist in Berlin angekommen, allerdings offenbar mit kleiner Besetzung.

Musik und Widerstand gegen die Weltkriegsgefahr

Mahnmal im Treptower Park, 18.28 Uhr: Eine Gruppe der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) spielt am Eingang des Geländes. Sie haben nicht wirklich ein Publikum. Ab und zu sind mehrere Parteigenossen anwesend. Im Hintergrund halten zwei von ihnen ein Transparent, auf dem “aktiver Widerstand gegen die Weltkriegsgefahr” gefordert wird.

Nachdem sie sich „To the Great War of the Raiders We Say No“ angeschlossen haben, singen sie nun „One Last United Front Song“. Einer mit der Flagge Sloweniens singt zusammen. Hier ist definitiv Schluss.

Maria Häusler

Abends vor der Gedenkstätte eine Musikgruppe der MLPD.

Sowjetische Volkslieder vor dem Denkmal

Gedenkstätte Treptower Park, 17.50 Uhr: Eine Gruppe von etwa 50 Menschen singt am Rande der Gedenkstätte unermüdlich russische Lieder. Ein Mann spielt Gitarre. Immer wieder wird „Katyusha“ gespielt, Menschen applaudieren und tanzen. Kriegslieder sind heute verboten, aber ist es das? Eine junge Frau posiert für Fotos mit Uniformmütze (heute eigentlich verboten), St.-Georgs-Band (verboten) am Kleid. Von der Polizei ist weit und breit nichts zu sehen.

Politische Diskussionen über die Ukraine

Mahnmal im Treptower Park, 17.32 Uhr: Eine Frau mit roten Blumen in der Hand sagt einem Mann auf Russisch, dass die Ukraine zu Russland gehört. “Wir gehören alle zusammen.” Taras Syakerka übersetzt für unseren Reporter und sagt, dass es heute relativ ruhig ist. Ansonsten ist der 9. ein großer Binge. Vielleicht, weil der Tag dieses Jahr auf Montag fällt.

Maria Häusler

Einige Russen versammelten sich, um in der Gedenkstätte Treptow zu singen.

Die Polizei zog eine positive Bilanz

Quer durch die Stadt, 16.55 Uhr: Die Polizei spricht von einer „positiven Bilanz“: „Den Einsatzkräften ist es gelungen, in der ganzen Stadt für ein würdevolles Feiern zu sorgen“, sagte Polizeisprecherin Anya Dirschke. Wo es zu verbalen Provokationen zwischen Ukrainern und Russen kam, griff die Polizei schnell ein. „Manchmal mussten wir mehrere Gruppen voneinander trennen. Vereinzelt kam es auch zu vorübergehenden Festnahmen. Das Emotionalste war, den Menschen zu erklären, warum es zum Beispiel Verbote für Flaggen gibt“, sagte der Sprecher. Derzeit sind vor allem Privatpersonen unterwegs. Jetzt ist die Lage überall ziemlich ruhig.

Rede zur Entnazifizierung

Mahnmal am Treptower Park, 16.43 Uhr: Ein Mann spricht zur Entnazifizierung. Frau unserer Reporterin, was sie uns sagen will: Deutschland hatte nie eine richtige Verfassung und ist immer noch von den USA besetzt. Er hat recht, sagt sie. „Die Sowjetunion als solche war ein Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten. Wenn es die Sowjetunion noch gäbe, wäre es friedlicher“, sagte Titi, die ihren richtigen Namen nicht nennen wollte.

Die Polizei zieht einige Rettungsdienste zurück

Tiergarten, 4.15 Uhr: Die Polizei hat bereits die Hälfte ihrer Kräfte aus der Gedenkstätte Tiergarten abgezogen. Bei der Mahnwache gegenüber singt ein ukrainischer Künstler.

Immer wieder Verstöße gegen das Flaggenverbot

Sowjetisches Ehrenmal Treptow, 15.48 Uhr: Es beginnt immer mit Fahnen. Rote Fahne mit Sichel und Hammer, Moldawien, Russland, DDR. Die Polizei reagierte sofort. Die Menge sang erneut „Russland, Russland“ (und separat „Putin“). Menschen mit russischen Fahnen laufen zwischen Reichstag und Brandenburger Tor.

Elizabeth Rushton

Prorussische Unterstützer verletzen das Flaggenverbot.

Ukrainischer Reporter angegriffen

Treptower Park, 15.41 Uhr: Ein Ukrainer erzählt unserem Reporter im Treptower Park, dass heute Morgen ein Journalist des ukrainischen Fernsehsenders „1+1“ im Park angegriffen wurde, als er eine Reportage drehen wollte. Tatsächlich gibt es Berichte darüber. Ein unabhängiger Osteuropa-Experte twitterte: „Ein pro-russischer Mob hat ein ukrainisches Fernsehteam an einem sowjetischen Ehrenmal in Berlin angegriffen und geschlagen. Laut einem Zeugen versäumte es die Berliner Polizei, die Journalisten zu schützen. Gestern griff die Berliner Polizei friedliche Ukrainer zum Gedenken an den Zweiten Weltkrieg an – und senkte ihre Fahnen.

#BREAKING Ein prorussischer Mob hat ein ukrainisches Fernsehteam an einem sowjetischen Ehrenmal in Berlin angegriffen und besiegt. Die Berliner Polizei habe es versäumt, Journalisten zu schützen, sagte ein Zeuge. Gestern hat die Berliner Polizei friedliche Ukrainer ins Visier genommen, die des Zweiten Weltkriegs gedachten – und ihre Fahnen gesenkt. pic.twitter.com/5GR8ZzlsFl

– Sergey Sumleny (@sumlenny) 9. Mai 2022

Die Nachtwölfe legen Blumen am Denkmal Tiergarten nieder

Tiergarten, 15.25 Uhr: Einige russische Rocker haben an die gefallenen Soldaten am Ehrenmal Tiergarten gedacht. Viele weitere Mitglieder sind noch unterwegs. Nach Angaben der Polizei sitzen sie innerhalb der Stadtgrenzen fest, wo sie vom Rettungsdienst kontrolliert werden. 15 „Nachtwölfe“ sitzen noch in Dreilinden fest. Dort kontrolliert die Polizei ihre Maschinen. Die Gruppe soll den russischen Präsidenten Wladimir Putin unterstützen.

Andreas Kopets

Mitglieder der Rockband „Nachtwölfe“ legen Blumen am Denkmal Tiergarten nieder.

Polizei: Menschen „einen Spielraum“ geben

Mahnmal Treptower Park, 15.06 Uhr: Zwei Polizisten am Rande des Treptower Parks sagten, sie hätten keinen Befehl, beim Singen von Kriegsliedern einzugreifen – dies sei aber im Polizeibericht der vergangenen Woche zum sowjetischen Mahnmal verboten. Im Hintergrund wird “Katyusha” gesungen, und eine Polizistin sagt, es gebe Dolmetscher für Polizisten, die draußen im Park seien und sie bei einem Verstoß alarmieren würden – “aber wo immer sie jetzt sind”, sagte die Polizistin. Ihr Kollege sagte, die Polizei habe sich bewusst zurückgehalten: „Wir werden abwarten, ob es friedlich bleibt. Wir geben den Menschen einen kleinen Spielraum.“

Zufall oder nicht? Die Flagge Sloweniens ist der russischen sehr ähnlich

Mahnmal im Treptower Park, 14.50 Uhr: Roland Pucher aus Österreich hat die slowenische Flagge mitgebracht, die mit ihren rot-weiß-blauen Streifen der russischen Flagge sehr ähnlich sieht. “Slowenien kämpft auch mit General Tito gegen die Nationalsozialisten”, sagte er. „Der 8. Mai ist auch ein offizieller Feiertag in Slowenien, deshalb wollte ich das heute mit der Flagge feiern.“ Die Ähnlichkeit ist also Zufall? “Ukrainische Provokateure haben das gestern gern angedeutet, aber das stimmt nicht”, sagte Pucher. “Slowenien war auch in den Zweiten Weltkrieg verwickelt, deshalb möchte ich an der heutigen Feier teilnehmen.”

Elizabeth Rushton

Der Österreicher Roland Pucher brachte die slowenische Flagge in den Treptower Park.

Demonstranten von Runes Against the War berichten von Polizeiwillkür

Straße des 17. Juni, 14.46 Uhr: Mahnwache gegen den Krieg: Dasha D. vom Bündnis für Erinnerung gegen den Krieg rief am 8. und 9. Mai eine Mahnwache gegen den russischen Einmarsch in die Ukraine aus. Sie beschwert sich über die Auflagen der Polizei. Die Mahnwache sollte auf der anderen Straßenseite aufgestellt werden. „Eine der Einschränkungen ist, dass wir nur Bilder im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg in unseren Aufzeichnungen haben konnten und keine Flaggen mit Bezug zu Russland oder der Ukraine“, sagte sie. Ihr Eilantrag wurde jedoch vom Verwaltungsgericht als unzulässig abgelehnt. „Es wird behauptet, dass unser Anwalt nicht zugelassen ist, stellte das Gericht fest. Aber das ist nicht wahr. Es ist offiziell registriert. Der Richter wollte wohl keine Entscheidung treffen.”

Auf der anderen Seite der Gedenkstätte findet am 17. Juni eine Gegenveranstaltung statt. Aus den Lautsprechern dringt ukrainische Musik. # b0905 pic.twitter.com/UUUEjCf9Bd

– Andreas Kopitz (@KopietzAndreas) 9. Mai 2022

Auch ein Plakat mit der Aufschrift “Russen gegen den Krieg” sei verboten. „Alles, was irgendwie nach Ukraine aussieht. „Der zuständige Polizeibeamte konnte uns weder die Rechtsgrundlage noch den Verstoß gegen die Allgemeinverfügung nennen“, sagte sie. Gegen Mittag hängten sie sechs weitere Plakate auf – darauf stand übrigens “Wir wollen eine neue Erinnerungskultur”. Und ein Plakat mit Sonnenblumen und dem Slogan “Russen gegen den Krieg”.

Die Organisatoren wurden aufgefordert, sie zu entfernen und nach der Rechtsgrundlage gefragt, worauf sie von der Polizei keine Antwort erhielten. Daraufhin beschlagnahmte die Polizei die Plakate und es entstand eine kurze Aufregung, die noch dadurch verstärkt wurde, dass ein Vertreter des Unsterblichen Regiments vom Sowjetischen Ehrenmal kam und einen Wirbel darum machte. Als Daria D. das alles erzählt, verweist die Polizei auf die andere Straße auf einen Mann vom Platz mit einer amerikanischen Flagge um den Hals.

Die Verbote wurden ausgehebelt, die Polizei hat nicht eingegriffen

Mahnmal am Treptower Park, 14.39 Uhr: Unsere Reporter berichten, dass vor der großen Statue des Soldaten immer wieder Fahnen gehisst werden. Bulgarisch, Kasachisch, Slowenisch, aber auch Russisch. Es wird immer sein…