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Öl- und Gasversorger: neue Regeln für die Energiesicherheit

FAQ

Stand: 12.05.2022 12:44

Mit dem novellierten Energiesicherheitsgesetz muss Deutschland besser auf einen Ausfall der russischen Gasversorgung vorbereitet sein. Es sieht im Bedarfsfall eine Enteignung vor. Auch für Verbraucher gibt es Innovationen. Was genau ändert sich?

Von Notker Blechner, tagesschau.de

Heute berät der Bundestag endlich über eine Novelle des Energiesicherheitsgesetzes. Die Gesetzesreform soll im Juni in Kraft treten. Damit will die Bundesregierung sicherstellen, dass es trotz der enormen Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine nicht zu Erschütterungen auf dem deutschen Energiemarkt kommt. Was sind die wichtigsten Neuerungen? Beantworten Sie einige Fragen.

Was ist das Energiesicherheitsgesetz?

Das Energy Security Act stammt aus dem Jahr 1975. Damals diente es dazu, die Auswirkungen des Ölpreisschocks abzufedern. Das Gesetz ermächtigt die Regierung, im Falle einer Bedrohung der Energieversorgung Gegenmaßnahmen im Bereich Energieerzeugung, -transport und -verteilung zu ergreifen. Dazu gehören sogar Tempolimits auf Autobahnen und Fahrverbote. Am Sonntag galt ein viertägiges Fahrverbot. Außerdem wurde teilweise eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km auf Autobahnen und 80 km auf Landstraßen vorgeschrieben.

Warum ist eine Änderung erforderlich?

Als das Gesetz 1975 in Kraft trat, gab es noch die Sowjetunion und kein Internet. Daher muss sich das seither kaum veränderte Gesetz nun an die aktuelle Energiekrise anpassen. Wie notwendig das ist, zeigt der Fall Gazprom Deutschland. Die deutsche Tochtergesellschaft des russischen Gasmonopols könnte wegen eines versehentlichen Formfehlers unter die Obhut der Bundesnetzagentur gestellt werden. Das neue Gesetz soll eine solche Maßnahme künftig offiziell möglich machen. Manche sprechen deshalb von Lex Gazprom.

Ein ähnlicher Fall ist die PCK-Raffinerie in Schweden, die vom russischen Staatskonzern Rosneft kontrolliert wird. Mit der Novellierung des Energiesicherheitsgesetzes will Bundeswirtschaftsminister Robert Habek die Grundlage dafür schaffen, die schwedische Raffinerie unter staatlichen Schutz zu stellen. Insofern heißt der Roman bereits „Lex Rosneft“.

Was ist die wichtigste Änderung?

Künftig könnte Deutschland ein Unternehmen in kritischer Energieinfrastruktur unter staatlichen Schutz stellen, wenn die Versorgung bedroht ist. Gegebenenfalls ist sogar eine Enteignung möglich. Die Treuhandverwaltung kann vom Bundeswirtschaftsministerium angeordnet werden, wenn die Gefahr besteht, dass ein Unternehmen seine dem Funktionieren der Energiegemeinschaft dienenden Aufgaben nicht erfüllt und die Versorgungssicherheit gefährdet ist, so der Gesetzentwurf. Das Ministerium wird dann in sechs Monaten eine solche Anordnung erlassen. Es kann später um weitere sechs Monate verlängert werden.

Reicht die Treuhandverwaltung nicht aus, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, bleibt die Enteignung das letzte Mittel. Laut Oliver Krischer, Staatssekretär des Parlaments im Wirtschaftsministerium, können die Grünen niemanden gefährden, der über eine kritische Infrastruktur für die Energieversorgung verfügt.

Erstens könnte die PCK-Raffinerie in Schweden, die der russischen Rosneft-Gruppe gehört, unter staatliche Obhut geraten. Laut Wirtschaftsminister Habek besteht das Geschäftsmodell von Rosneft darin, russisches Öl zu kaufen. Wer dieses Öl nicht mehr möchte, braucht eine Alternative zu Schwedt. Eine solche Alternative könnte darin bestehen, die Raffinerie unter staatliche Aufsicht zu stellen, etwa durch Gazprom Deutschland.

Welche Regeln gelten für Gashandel, Preise und Speicherung?

Um auf ein mögliches Gasembargo oder eine Liefereinstellung vorbereitet zu sein, sieht das novellierte Gesetz die Schaffung einer digitalen Gasplattform vor. Große Industrieunternehmen und Gashändler müssen sich auf dieser Plattform registrieren. Anhand ihrer Daten muss im Notfall entschieden werden, wo Gas eingespart und wo abgeschaltet werden soll. Daher muss die entsprechende Gassicherheitsverordnung geändert werden.

Eine weitere Änderung ist die Preisanpassungsrate. Unmittelbare Preiserhöhungen in der gesamten Lieferkette bis zum Endkunden müssen möglich sein, damit es bei Gasknappheit nicht zu einer Schieflage oder Insolvenz der Lieferanten kommt. Damit soll eine Kaskade in der Energiewirtschaft verhindert werden.

Auch im Energiegesetz sind Änderungen vorgesehen. Die geplante Stilllegung von Gasspeichern muss künftig bei der Bundesnetzagentur angezeigt und genehmigt werden. Damit könnte die Schließung von Gasspeichern ohne Wissen der Bundesregierung verhindert werden, heißt es in dem Gesetzentwurf.

Was bietet das Gesetz Verbrauchern?

Künftig können Energieversorger ihre Verträge nicht mehr einfach kündigen. Die Beendigung von Lieferantenverträgen muss von der Bundesnetzagentur genehmigt werden. Darüber hinaus wird der Treuhänder im Falle der Insolvenz eines Energieversorgers verpflichtet sein, Energieverträge weiter zu erfüllen. Insofern steigt die Versorgungssicherheit für die Kunden. Schlechte Nachrichten für die Verbraucher sind dagegen die Norm, bei akuter Gasknappheit die Preise bei möglichen Preiserhöhungen jederzeit anzupassen.

Welche Kritik gibt es am Gesetz?

Unternehmen stehen Enteignungsplänen kritisch gegenüber. Eingriffe in privates Eigentum sollten laut dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) nur in äußersten Eilfällen vorgenommen werden, wenn keine leichteren Mittel zur Verfügung stehen. ein …