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Beginn des Prozesses: Wie Würzburg die Messerattacke arrangierte

Die Opfer kämpfen mit den Folgen des 25. Juni

Fünf der Opfer werden von der Kanzlei des Würzburger Rechtsanwalts Bernhard Löwenberg vertreten: „Einige unserer Mandanten sind schwer verletzt, manche körperlich gezeichnet, andere für den Rest ihres Lebens.“ Andere Klienten würden die Tat körperlich und seelisch besser ablehnen.

Auch die persönliche Einstellung zu den Opfern der Bluttat sei von Fall zu Fall unterschiedlich, sagt Löwenberg. Er hat Kunden, die so viel wie möglich in Ruhe gelassen werden wollen; Sie wollen nicht in der Öffentlichkeit auftreten. Andere gingen offener mit dieser Tatsache um.

Wenige Tage nach der Tat forderte die Polizei Unterfranken dazu auf, Fotos und Namen der Opfer nicht ohne deren Zustimmung zu veröffentlichen: „Die Verbreitung von Namen und Fotos in sozialen Netzwerken hilft hier nicht weiter und zeigt keine echte Anteilnahme.“ Polizeigeschädigte und der Freistaat Bayern stehen mit den Opfern in Kontakt.

Ein Täter, der an paranoider Schizophrenie leidet

Einige der Opfer müssen nun Zeugen in den Prozess aufnehmen. „Wir haben Mandanten, die das sehr gelassen hinnehmen. Aber wir haben auch Mandanten, die Angst haben, vor Gericht auszusagen“, sagt Rechtsanwalt Löwenberg. Ihre Erwartungen sind gering. Löwenberg sagt: „Das Landgericht Rechtsstaatlichkeit wird hier nicht viel für unsere Mandanten tun können.“

Aus rechtlicher Sicht ist die Sache klar. Zwei psychiatrische Gutachten deuten darauf hin, dass der Angeklagte an paranoider Schizophrenie leidet. Er gilt daher zur Tatzeit als unschuldig. Das bedeutet, dass es im aktuellen Verfahren nicht um eine Freiheitsstrafe, sondern um eine dauerhafte Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung geht.

Für eine solche Unterbringung gibt es keine Höchstdauer. Das zuständige Amtsgericht der zuständigen Klinik kann jedoch eines Tages die Freilassung des Täters anordnen. Aber dafür muss er komplett behandelt werden.

Wir werden bereits der vorkriminellen Behandlung beschuldigt

Zunächst sollten die nächsten Wochen im Gerichtssaal einer öffentlichen Neubewertung des Geschehens dienen. Denn die Fragen bleiben, zumindest an einigen Stellen. Etwa bei vermeintlichen Banalitäten wie dem Alter des Angeklagten. Als er nach Europa einreiste, sagte er, er sei 1997 geboren. Später gab er bei einem Verhör 1989 als Geburtsjahr an. Er ist also 25 oder 33 Jahre alt.

Bekannt ist auch, dass der Angeklagte vor der Tat mindestens fünfmal in psychiatrischer Behandlung war. Im Januar 2021 bot ein Krankenhaus in Würzburg ein Gutachten an, um zu klären, ob der Mann ständig pflegebedürftig sei. Doch das Landgericht Würzburg wies die Klage ab.

Ermittler schließen islamistische Motive aus

Die Frage nach einem möglichen islamistischen Motiv ist jedoch weitgehend geklärt. Die Ermittler fanden keine Hinweise auf eine extremistische Radikalisierung. Dazu werteten sie Handys aus, befragten andere und durchsuchten das Zimmer des Verdächtigen.

Auch in der islamistischen Szene instrumentalisierten nur wenige Medien das Verbrechen, etwa das Online-Magazin Manhattan Wolves. Terrorismusforscher Peter Neumann sprach von “ein oder zwei weiteren Erwähnungen”, die er und sein Team machen würden: “Aber es war nicht wie nach den Anschlägen in Brüssel oder Paris.” Laut Neumann verherrliche die islamistische Szene die dortigen Anschläge seit einigen Wochen in Videos und Artikeln.

Würzburger zeigt großes Mitgefühl

Die Versöhnung mit dem 25. Juni 2021 bedeutet in diesem Fall aber auch, die Tat bei denjenigen aufzugreifen, die zunächst nicht daran beteiligt waren. Hunderte Menschen bildeten wenige Tage nach der Tat eine Menschenkette. Die Anteilnahme war groß. Der Tag hat sich in das kollektive Gedächtnis der Würzburger eingebrannt. Oberbürgermeister Christian Schuhard (CDU) sagt: „Eine Stadtgesellschaft wie unsere verfolgt den Prozess. Wir wollen wissen, wie das passieren kann?“

Schuhard hat vor sechs Wochen eines der Opfer besucht: „Wir versuchen, unauffällig zu sein, wenn es Hilferufe gibt, sind wir da.“ Verschiedene Organisationen versammeln sich für die Opfer. Allein der Verein Würzburg zeigt das Herz erhielt Spenden in Höhe von 350.000 Euro. Auch die Stadt Würzburg will ein Mahnmal schaffen. Am 25. Juni 2022 findet eine Gedenkfeier zum Jubiläum statt. Das Bayerische Polizeiorchester gibt an diesem Tag ein Konzert.

Dabei muss ein Augenzeuge aussagen

Bis dahin wird Augenzeuge Elvis Dick im anstehenden Prozess aussagen. Er soll Ende Mai vor Gericht erscheinen. „Ich glaube nicht, dass es irgendetwas auf der Welt gibt, das gerecht bestraft, was er getan hat“, sagte der 20-Jährige. Wenn der Angreifer eines Tages freigelassen wird, wird Elvis Dick übel.