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Dokumente belegen: Schwesig wurde bei der Klimastiftung gefunden NDR.de – Aktuelles

Stand: 13.04.2022 20:45

Über die Hintergründe der umstrittenen staatlichen „Stiftung Klima und Umweltschutz“ sind neue Details bekannt geworden. Der DDR vorliegende Akten der Landesregierung belegen, dass Ministerpräsidentin Manuela Schwezig (SPD) die Einzelheiten der Gründung gekannt haben müssen.

von Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV Aktuell

Viele der fast 1.000 Seiten zweier Akten, die die US-Regierung nach der „Welt am Sonntag“ mehreren anderen Medien auf Anfrage zur Verfügung gestellt hatte, wurden unkenntlich gemacht – insbesondere wurden die Namen unkenntlich gemacht, etwa die Verantwortlichen der Nord Stream 2 AG. Bemerkenswert ist, dass die Akten die Gründungsgeschichte der Stiftung nicht enthalten. Die ersten E-Mails kamen im Herbst 2020, aber die Idee zur Gründung wurde schon lange vorher geboren.

“Norddeutsch profan formuliert: Läääuuuft.”

Aus den von der Staatskanzlei veröffentlichten Unterlagen geht hervor, dass die treibende Kraft der damalige Energieminister Christian Level (SPD) war. Der Minister stimmt sich jedoch eng mit dem Staatsbüro von Premierministerin Schweiz ab. An den Chef der Staatskanzlei, Heiko Geue (SPD), gingen diverse E-Mails. So teilte Leve Geue am 23. November 2020 mit, dass der Nord Stream 2 AG bezüglich der von ihr eingeführten Satzung „drei Änderungen am Herzen liegen“. Am 24. November – drei Tage vor der geplanten und dann verschobenen Gründung der Stiftung im Landtag – schrieb Pegel freudig an „Liebe Haiko“, dass das Justizministerium keine Einwände gegen die Gründung der Stiftung habe. Der Minister freute sich: „Profan in Norddeutsch formuliert: Läääuuuft.“

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Der Umweltminister Bachaus wurde abgesetzt

Warum die Stiftung am 27. November nicht funktionierte, geht aus den Akten nicht hervor. Klar ist aber, dass auch die SDP den Koalitionspartner HDZ und die Linke gefunden hat. Zwischenzeitlich gab es offenbar Meinungsverschiedenheiten in der Regierung. Landwirtschafts- und Umweltminister Till Backhaus (SPD) forderte eine stärkere Wirkung des Naturschutzes. Ein späteres Vorstandsmitglied, Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD), wollte Bachaus nicht an Bord haben.

Dann erfolgte Anfang 2020/2021 der zweite Anlauf zur Gründung der Stiftung. Die Akten zeigen wieder einen sehr beschäftigten Energieminister, der versucht, sich mit dem Landesamt abzustimmen. Die Entscheidung im Kabinett am 5. Januar und die Einsetzung einer Sondersitzung des Landtags zwei Tage später kamen mit heißer Nadel. Es gab einen heftigen E-Mail-Austausch zwischen der Ebene und dem Leiter des Landesamtes, Gue. Die Dokumente erwecken den Eindruck, als hätten die beiden nichts anderes zu tun.

Ein Vertreter von Nord Stream bemüht sich um eine positive Berichterstattung

Im Hintergrund war immer wieder der „Communications Manager Germany“ von Nord Stream 2 involviert. Der Name ist in den Akten verschleiert, kann aber nur Steffen Ebert sein. In der Presse ist er als Mann bekannt, der auch versuchte, eine günstige Berichterstattung über das Pipeline- und Gründungsprojekt durchzusetzen. Ebert war dort mehrfach in den Spitzenkreisen zwischen Nord Stream 2-Geschäftsführer Matthias Warnig und Schweizig und Geue unterwegs. Ebert formulierte vor einer von der Landesregierung geplanten großen Diskussion mit Journalisten einen äußerst seltsamen Wunsch. Man wünsche sich, „dass ein Mitarbeiter unserer Agentur in Berlin an der Erfassung und Registrierung von Aussagen sowie Fragen und Antworten teilnimmt“.

Stiftung als „intelligente Antwort“ auf Androhungen von US-Sanktionen

Das Aufzeichnen vertraulicher Gespräche wird im Allgemeinen als Verbrechen angesehen, aber hochrangige Nord Stream 2-Führungskräfte haben höchst zweifelhafte Vorschläge gemacht. Anscheinend waren sie sich des Problems nicht bewusst. Der Chef von Ebert Warnig war vor 1990 Stasi-Offizier. Das Gespräch fand nicht im Hintergrund statt. Unterdessen teilte die Staatskanzlei mit, dass dem Antrag ohnehin nicht stattgegeben werde. Auch Nord-Stream-Mann Ebert versuchte, die Pipeline und die Idee der Stiftung in der Öffentlichkeit gut zu verkaufen. Er schlug vor, “die Stiftung mit einem Augenzwinkern als ‘intelligente Antwort’ auf das Hardline-Verhalten der USA zu positionieren”.

Die Landesregierung verfolgte genau diese PR-Strategie. Premierministerin Schweiz hat die Stiftung wiederholt verkauft, als Reaktion auf die Androhung von US-Sanktionen gegen am Bau der Pipeline beteiligte Unternehmen. Das stiftungseigene Unternehmen musste dafür sorgen, dass diese Sanktionen umgangen wurden. Letztendlich sorgt die Stiftung dafür, dass die Gaspipeline Nord Stream 2 fertiggestellt wird. Das Projekt wurde jedoch aufgrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine gestoppt. Nun will auch die Schweiz die Stiftung auflösen.

Das Fundament schafft Probleme

Auch nach der Gründung gab es noch Probleme mit der Stiftung: Dossiers zeigen, dass etwa der von Schweizig einberufene Zukunftsrat Bedenken hatte. Zudem gelang es der Schweiz nicht, den Stiftungsrat zu besetzen. Die Kandidaten haben der Landesregierung wiederholt eine Absage erteilt – ein wichtiger Beirat wurde noch nicht benannt.

Untersuchungskommission im Mai

Ab Mai befasst sich eine Untersuchungskommission des Landtags mit den Hintergründen der Stiftung. Inzwischen ist klar, dass die fast 1.000 Seiten zweier vorgelegter Akten dem Ausschuss nicht reichen werden. Die Lücken sind einfach zu groß.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Hörfunk MV | Die Nachrichten 13. April 2022 | 19:00