Eintracht Frankfurt sorgte für die Sensation und entfernte den FC Barcelona aus der Europa League. Nach dem 3:2 (2:0) im Camp Nou qualifizierten sich die Hessen für das Halbfinale.
Philipp Kostic brachte Oliver Glasner (4.) per Elfmeter in Führung. Rafael Bore (36.) erhöhte mit einem Traumtor noch vor der Pause. Nach der Pause sorgte erneut Kostic (67.) für die Vorentscheidung.
Erst in der Nachspielzeit (90+1/90+11) schnitten Sergio Busquets und Memphis Depay für Blaugrana ab.
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VOR 11 STUNDEN
Drei Dinge, die bei der Eintracht-Gala im Camp Nou aufgefallen sind:
Die 1. Eintracht ist die SG Europa League
In der Liga hat die Eintracht seit drei Spielen nicht gewonnen und in den letzten drei Spielen nur ein knappes Tor erzielt. Die Hessen liegen im Niemandsland der Bundesliga aktuell auf dem neunten Platz. Im August schied Adlerträger im DFB-Pokal in der ersten Runde am Waldhof Mannheim aus. Klingt nach einer schwachen Saison. Doch am Donnerstag zeigt Frankfurt in dieser Saison wieder sein Gesicht in der Europa League. Und wie!
Im Camp Nou krönte das Team von Oliver Glasner seine bisher fulminante europäische Saison. „Wenn mir jemand gesagt hätte, nachdem wir Mannheim verlassen haben, dass wir ein halbes Jahr später in Barcelona gewinnen, hätte ich ihn für verrückt erklärt“, sagte Trainer Glasner nach dem RTL-Spiel und fügte hinzu: „Aber so sind wir alle gemeinsam gegangen. “
Glasner entschuldigt sich bei Barça und zollt Fans Tribut: „Die gibt es kaum auf der Welt“
Die Eintracht erreichte ohne eine einzige Niederlage das Halbfinale der Europa League und darf sich nun berechtigte Hoffnungen auf den ersten internationalen Titelgewinn seit über 40 Jahren machen. „Wir haben ein überragendes Spiel gespielt“, sagte Kapitän Sebastian Rode nach der Gala gegen Barcelona. Der 31-jährige Fußballer stand in der Startelf von Jibril Sow und war der unermüdliche Pilot eines leidenschaftlichen Sechserteams. Rode spielt in Frankfurt wieder eine wichtige Rolle, macht in der Europa League das Unmögliche möglich.
„Ehrlich gesagt, damit hat niemand gerechnet. Alle dachten, Barcelona würde uns aus dem Stadion schießen“, sagte Torhüter Kevin Trapp und fügte selbstbewusst hinzu: „Wir haben gezeigt, dass wir uns vor niemandem verstecken sollten.“ Die Eintracht zog in die Europa League – und erinnert an die Saison 2018/2019.
Auch damals qualifizierten sich die kampfstarken Hessen über Inter Mailand und Benfica Lissabon für das Halbfinale, scheiterten aber im Elfmeterschießen am späteren Sieger FC Chelsea. Auch in dieser Saison erwartet Frankfurt mit West Ham United ein Team aus der Premier League unter den letzten Vier. Sportdirektor Marcus Kroche sagte, das Ziel sei klar: „Wir haben für Eintracht Frankfurt tolle Erfolge erzielt. Aber jetzt ist klar: Wir wollen ins Finale.“
Und auch Torhüter Trapp träumt von einem Endspiel in Sevilla. „Natürlich wollen wir das Finale erreichen. Daran besteht kein Zweifel“, sagte der 31-jährige Nationalspieler. Träumen, so Rode, sei erlaubt. Bei aller Europapokal-Euphorie in Katalonien: Die Eintracht kehrt am Sonntag in den düsteren Bundesliga-Alltag zurück. „Ich weiß gar nicht, was ich den Jungs sagen soll, wir spielen in drei Tagen gegen Union Berlin“, sagte Glasner nach dem Spiel gegenüber RTL.
Aber das ist zweitrangig. Nach dem Sieg im größten Spiel der jüngeren Vereinsgeschichte richtet sich der Fokus weit weg von der Bundeshauptstadt, sondern auf Barcelona: „Heute wollen wir alle den Abend genießen“, sagte der 47-jährige Salzburger. Denn: Donnerstags finden bei der Eintracht Partys statt.
Eintracht Frankfurt
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2. Glasner enttäuscht Xavi
Oliver Glasner war sehr zufrieden. Der Österreicher glitt auf dem Bauch durch eine Reihe applaudierender Adler. „Die Hose ist kaputt. Aber egal“, lachte er. Der Resttrainer der Eintracht stand nach dem Triumph im Camp Nou zu Recht im Fokus.
In den 100 Minuten zuvor hatte sein Team die Katalanen taktisch enttäuscht – obendrein der neue Xavi Barça: In nur fünf Monaten hatte der Weltmeister von 2010 den Blaugrana eine neue – oder besser gesagt alte – Spielidee gegeben. Der 42-Jährige führte Barcelona vom neunten auf den zweiten Platz in La Liga und vor drei Wochen beim 4:0-Galasieg gegen Real Madrid im Clasico. 15 Spiele und fast drei Monate war Xavi beim FC Barcelona ungeschlagen.
Doch in Glasner fand Xavi am Donnerstagabend seinen Meister. Die schlagkräftigen Frankfurter bekamen die katalanische Ballhaltemaschine nur 35 Meter vom eigenen Tor entfernt, verengten den Raum, verdoppelten die starken Dribbler Ferran Torres und Usman Dembele auf den Flanken und dominierten die Halbräume vor dem Abwehrtrio. Barcelona fand kaum eine Lösung.
“Wir wussten, dass wir leiden mussten”, sagte Kevin Trapp. „Wir mussten uns 90 Minuten lang konzentrieren und Konterchancen nutzen“, sagte der Torhüter.
Nach 15 Minuten spielte Ronald Araujo einen langen Ball, geboren aus Hilflosigkeit und Ideenlosigkeit, ins Nichts. Xavi winkte wild und forderte sein Team auf, kurze Pässe zu spielen. Vergeblich. “Sie waren in der ersten Halbzeit etwas besser. Sie haben viel gekontert und das Spiel kontrolliert”, gab der Barça-Trainer zu.
Philipp Kostic
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Das änderte sich auch nicht, als Xavi sein Team im Eröffnungsspiel der ersten Runde ständig zwischen Dreier und Vierer verschwimmen ließ.
„Unglaublich, was die Jungs heute geleistet haben“, lobte Glasner sein aufopferungsvolles Team. “Es war unglaublich für 85 Minuten. Sehr stabil in der Abwehr und immer gefährlich nach vorne“, analysiert der Coach. Tatsächlich: Frankfurt warf Barcelonas Offensive über weite Strecken ab. Barça hielt den Ball mit klaren 75 Prozent Ballbesitz. “Blaugrana” schaffte es nur wenige Torpositionen zu schaffen.
Frankfurt hingegen war anders: Immer wieder nutzten die Hessen die großen Räume hinter der feindlichen Abwehr. „Wir haben unglaublich gut verteidigt, wir haben immer versucht zu verdoppeln, wo wir konnten, und wir haben Barcelona mit unserem Wechsel sehr geschadet“, sagte Sebastian Rode und fügte hinzu: „Wir hätten mehr Tore erzielen können, wenn wir besser gespielt hätten.“
Die Eintracht gab 15:10 Torschüsse ab – darunter einige der besten Spieler. Tatsächlich hatte Frankfurt neben seinen drei Treffern durch Philipp Kostic (4./67.) und Rafael Bore (36.) noch etliche weitere Konterchancen, die entweder unsauber gespielt oder vor dem Tor verfehlt wurden – wie in der Gesicht auf Ansgar Knauf (44.) oder Jesper Lindström (58.). Am Ende revanchierten sich die vergebenen Chancen nicht, obwohl Barcelona mit Toren von Busquets und Depay in die Verletzungszeit zurückkehrte.
Es sei ärgerlich, dass Barcelona zwei weitere Tore erzielt habe, sagte Rode. Doch die Eintracht zweifelte in diesem Spiel nie am Sieg. „Am Ende stand es 3:2. Also: Es war perfekt, so wie es war“, sagte Trapp lachend. So perfekt wie Frankfurts taktischer Ausgleich. Herzlichen Glückwunsch, Oliver Glasner!
3. Fans nehmen die Eintracht mit in den Traum von Sevilla
Am Mittag wurde klar, was den FC Barcelona im eigenen Stadion erwartet. 30.000 Hessen reisten in die Mittelmeermetropole und feierten Stunden vor dem Start ein Fußballfest. „Es waren 30.000 Zuschauer in der Stadt und 25.000 hier im Stadion“, lobte Sportdirektor Marcus Krochet RTL.
Bereits vor dem Start war das Camp Nou mit einer Kapazität von 99.354 Menschen in Frankfurter Hand. Zumindest ist es zu spüren. „Es fing damit an, dass wir auf den Platz gingen, um uns aufzuwärmen. Du bist sauer“, verriet Rode nach dem Match. Eine Atmosphäre, die Eintracht Frankfurt in Barcelona beflügelt. “Man will vom Traum vom Sieg hier in Barcelona zerrissen werden.”
Auch Barça-Coach Xavi zeigte sich beeindruckt von der Atmosphäre in Barcelona. „Ich hatte Lust auf ein Endspiel mit gleichmäßigen Fans“, sagte der ehemalige Weltklasse-Mittelfeldspieler. Crochet fasste die Atmosphäre in Spanien zusammen: „Wir haben den Besuch in einen Haushalt verwandelt.“
Als die Sprechchöre der Frankfurter Fans einsetzten, zückten offenbar einige spanische Journalisten in der Arena ihre Handys, um die Stimmung festzuhalten.
Zu Beginn des zweiten Durchgangs blieb Barças Block hinter der Tür leer – laut „RTL“ Protest gegen die Menge der Frankfurter, die sich offenbar Zugang zu Tickets verschaffen konnten. „Unsere Jungs sind sehr einfallsreich und haben alles getan, um reinzukommen“, erklärte Kroche.
Über weite Strecken dominierten die Hessen die Geräuschkulisse des größten Stadions Europas. Als Barça zu Beginn der zweiten Halbzeit die längere Phase des Ballumlaufs feierte, hallte ein schrilles Pfeifkonzert durch die spanische Nacht. „Oh, wie schön“, hallte es immer wieder in der Arena. Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel sagte Trapp: „Ich dachte, ich wäre in Frankfurt.“
Die spanische Zeitung „AS“ titelte: „Barcelona fühlte sich im eigenen Stadion wie ein Fremder.“
„Wir untersuchen derzeit, was passiert ist. Natürlich können wir nicht kontrollieren, wer wie viele Tickets kauft. Aber das hat natürlich geholfen“, sagte Xavi. Die Frankfurter Fans haben ihre Mannschaft gegen den scheinbar dominanten Klub zum Sieg geführt – und müssen auch nach dem Spiel in Barcelona die Nacht zum Tag machen. Crochet kündigte an: „Feste muss man feiern, wenn sie kommen.“
Im Mai findet die letzte Party im Ramon Sanchez-Pizjuan Stadion in Sevilla statt. Wenn Eintracht-Fans mit ihrer Mannschaft über West Ham in den Süden Spaniens ziehen, wollen sie dort auch ein Fußballfest feiern.
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