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In Kärnten: Wie lange können Naturkatastrophen noch versichert werden?

Auf Einladung der Wirtschaftskammer Kärnten und der Kärntner Versicherungsfachgesellschaft erarbeiteten vier international führende Experten Szenarien zu den Auswirkungen des Klimawandels. Eines ist deutlich geworden: Anpassung und Prävention sind zentrale Herausforderungen. KÄRNTEN. Umfangreiche Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Anpassung an die unvermeidlichen Folgen werden die kommenden Jahrzehnte prägen. Welche Auswirkungen können bereits vor Ort für Kärnten analysiert werden und welche Auswirkungen haben klimawandelbedingte Naturereignisse auf die Versicherungswirtschaft? „Wir wollten diesen Problemen auf den Grund gehen, also haben wir die Klimaänderungsveranstaltung organisiert. Naturkatastrophen. Versicherung, „in der sich ein hochkarätiger Kreis von Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft diesen Themen widmen wird“, sagte WK-Vizepräsidentin Astrid Legner heute auf einer Pressekonferenz.

Der Klimawandel schreitet schnell voran

Legner ist es ein besonderes Anliegen, noch mehr öffentliche Aufmerksamkeit auf den Klimawandel und seine Folgen zu lenken. „Der Klimawandel schreitet so schnell voran, dass wir es nach aktuellen WMO-Schätzungen in vier Jahren um 1,5 Grad wärmer haben könnten. Besonders wenn diese Erwärmung konstant ist, ist sie ein erhebliches Risiko. „Der Klimawandel ist kein Problem, das jeder alleine bewältigen kann, wir sind alle dazu verpflichtet!“, warnte der Vizepräsident.Mit dem Klimawandel nimmt das Auftreten von Naturkatastrophen zu und vervielfacht sich.

Die meisten Naturkatastrophen in Kärnten

„Besonders in Kärnten sind wir stark betroffen. In den letzten zehn Jahren waren wir die Provinz mit den meisten Naturkatastrophen. Von gewaltigen Schneefällen im Winter 2005/06 mit mehr als 40.000 Schäden bis hin zu Schlammlawinen in Afrika 2016 oder Hagel mit mehr als 30.000 Schäden für Überschwemmungen in Lavamund und Gailtal“, so Astrid Legner.

Zusatzausbildung im Bereich Versicherungsschutz

Der Vizepräsident der Wirtschaftskammer weiß, dass solche Wetterkapriolen nicht nur im privaten Bereich für Todesopfer sorgen, sondern auch die Wirtschaft Kärntens stark in Mitleidenschaft ziehen. Umso wichtiger ist es aus ihrer Sicht, dass Unternehmer über Versicherungsschutz und finanzielle Folgen informiert und weitergebildet werden.

Bessere finanzielle Risikoprävention

“Das größte finanzielle Risiko in Kärnten und Österreich durch den Klimawandel geht offensichtlich von Hochwasser aus. Österreich hat bereits jetzt das zweithöchste Hochwasserrisiko aller europäischen Länder”, ergänzt Franz Pretenthaler, Direktor des Instituts für Klima, Energie und Gesellschaft in der JOANNEUM RESEARCH. „Deshalb ist neben der natürlich ebenso dringenden Dekarbonisierung der gesamten Wirtschaft und Gesellschaft eine bessere finanzielle Risikoprävention eine der vordringlichsten Aufgaben zur Anpassung an die wachsenden Gefahren des Klimawandels“, warnte Prettenthaler .

“Wissen ist Macht”

Jürgen Hartinger, Vorstandsvorsitzender der Kärntner Versicherungsgesellschaft, engagiert sich in der finanziellen Risikoprävention. Eines ist ihm dabei ganz klar: „Naturkatastrophen sind auf Dauer nur versicherbar, wenn entsprechende Anpassungen vorgenommen werden.“ Mit steigenden Temperaturen rechnet Hartinger mit einer Zunahme extremer Wetterereignisse und damit einhergehend mit einem Anstieg der Versicherungsschäden. Insbesondere Fragen der Nachhaltigkeit und Schadensvermeidung werden in Zukunft eine zentrale Rolle spielen. “Wissen ist Macht. Eine optimale Weiterbildung gerade zu diesem zentralen Zukunftsthema gibt den Kärntner Versicherungsexperten die Chance, als Multiplikatoren Fakten, Präventionsmaßnahmen und Anpassungsmöglichkeiten ins Land zu bringen, um langfristig einen guten Versicherungsschutz zu gewährleisten“, so Hartinger .

Bekämpfung des Klimawandels

WK-Vizepräsidentin Astrid Legner befasste sich schließlich mit der Frage, wie dem Klimawandel und steigenden Temperaturen begegnet werden kann. „Kärnten ist in Sachen Biomasse und Wasserkraft österreichweit stark, aber für eine rechtzeitige Energiewende wird das nicht reichen. Der Energiemix ist entscheidend: Unternehmer wollen einen Plan zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen“, sagt Legner. Sie sagte: „Kärnten hinkt anderen Bundesländern beim Ausbau von Wind und Photovoltaik leider weit hinterher, obwohl das Potenzial groß ist. In Kärnten drehen sich noch zwei einsame Windräder, während die Steiermark zeigt, wie moderne, umweltfreundliche Nutzung der Windenergie funktionieren kann.“

Beschwerde der Handelskammer

Die Wirtschaftskammer appelliert daher dringend an die Landesregierung, in einem ersten Schritt die im Masterplan Energie Kärnten gesetzten Ziele – 50 Windenergieanlagen mit einer Jahresleistung von 5 GWh / Jahr bis 2025 – zu erreichen. Auch Astrid Legner forderte eine Novellierung des Kärntner Raumordnungsgesetzes: „Die Windstandortverordnung und die Kärntner Photovoltaikverordnung sind in diesen Bereichen für den landesweit untersten Platz verantwortlich. Es geht um die Zukunft des Wirtschaftsstandortes und die Nutzung der riesigen Chancen in Kärnten in der Photovoltaik und Windenergie, die die Abhängigkeit von Energieimporten deutlich reduzieren und Wertschöpfung im Land belassen.“

Weitere Aussagen

  • Ulrich Folsche, Atmosphärenphysiker mit Schwerpunkt Klimawandel, Leiter des Instituts für Physik der Universität Graz und Mitglied des Wegener Center for Climate Change and Global Change: „Der Klimawandel ist keine Bedrohung in ferner Zukunft – wir haben schon recht. Je größer das Ausmaß des Klimawandels, desto größer werden die Auswirkungen sein. Nicht jedes Extremereignis ist Klimawandel – aber wir müssen uns darauf einstellen, dass Extremereignisse häufiger werden. Die größten Unsicherheiten liegen in der zukünftigen Entwicklung des mediterranen Tieflandes.“
  • Judith Koeberl, Expertin für Klima- und Meteorologierisiken am LIFE-Institut der JOANNEUM RESEARCH: „Die Klimakrise stellt insbesondere Skigebiete vor Herausforderungen und eröffnet gleichzeitig Chancen für den Sommertourismus in Kärnten. In der Landwirtschaft steigt beispielsweise die Gefahr von Dürren, Spätfrösten und die Gefahr von Starkregen. Möglichkeiten dazu ergeben sich im Weinbau. Die Steigerung der Resilienz und Klimaresilienz in allen Bereichen steht auf der Agenda.“
  • Christina Franke, Nachhaltigkeitsexpertin bei Swiss Re (einem der weltweit größten Rückversicherer): „Trotz der zunehmenden Häufigkeit von Naturkatastrophen bleiben Schäden zunächst versichert. Langfristig sind jedoch Verluste nötig, um Verluste zu vermeiden. Versicherer und Rückversicherer müssen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, indem sie Nachhaltigkeit als Schlüsselelement in ihrem Geschäftsmodell festigen und innovative Schutzkonzepte anbieten.