SDP und FDP fordern den Rücktritt von Innenminister Strobl. Es geht darum, der Presse ein offizielles Geheimnis preiszugeben. Strobl weigert sich zurückzutreten.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) steht seit Anfang der Woche unter Druck. Grund ist der Vorwurf der Weitergabe eines Dienstgeheimnisses an einen Journalisten. Der Minister weigerte sich deshalb am Mittwochnachmittag, zurückzutreten. Auf einer Pressekonferenz im Landtag sagte Strobl, er sehe dafür keinen Anlass. SPD und FDP werfen Strobl vor, im Fall eines Landespolizeiinspektors, der einen Kollegen sexuell belästigt haben soll, Geheimnisse preisgegeben zu haben. Zuvor hatten SPD und FDP nach einer nichtöffentlichen Sondersitzung der internen Kommission den Rücktritt Strobls gefordert.
Strobl: Ich bin nicht strafrechtlich verfolgt worden
In einer Erklärung räumte Strobl ein, dass ein Kommunikationsfehler gemacht worden sei. Es sei falsch, nicht zu sagen, dass das Innenministerium selbst den Brief des Anwalts des Polizisten an die Presse geschickt habe. Vorwürfe der Opposition, er habe bei der Übergabe des Briefes einen Fehler gemacht, wies Strobl vehement zurück. In dem Verfahren gegen den Beamten ging es ihm um „maximale Aufklärung und maximale Transparenz“. Warum die Opposition ihm das jetzt vorwirft, verstehe er nicht.
Laut Strobl muss die Opposition entscheiden, ob sie transparentes Handeln fordert oder kritisiert. „Es geht um nichts Geringeres als die Integrität der Polizei und Sicherheitskräfte in Baden-Württemberg.“
SPD und FDP haben einen Untersuchungsausschuss einberufen, falls Strobl nicht als Minister zurücktritt. Der HDZ-Politiker zeigte kein Verständnis. Der Antrag auf Untersuchungskommission und Rücktritt ist das Recht des Widerspruchs. Aber warum jemand eine solche Kommission fordert, wenn er die Akten noch nicht gelesen hat, sei unklar, sagte Strobl. – Alles ist auf dem Tisch.
SPD: „Strobl verliert jede Autorität“
Der Fraktionsvorsitzende der SDP, Andreas Stoch, sprach am Vormittag nach der Landtagssitzung. Er sprach von einem „skandalösen Vorgang“, weil der für die Verfassung zuständige Minister offenbar darauf aus gewesen sei, Geheimnisse preiszugeben. Stoch sagte auch, dass dieser Minister zurücktreten solle. Er verlor alle Autorität.
Die PSD-Innenpolitikerin Sasha Binder spricht von einem großen Vertrauensverlust. „Wenn Beamten in Personal- und Disziplinarverfahren nicht darauf vertraut werden kann, dass diese Verfahren geheim und vertraulich bleiben, dann ist ihr Vertrauen in den obersten Arbeitgeber, den Innenminister, zutiefst erschüttert. Binder erhob schwere Vorwürfe, weil Strobl das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft einstellte:
„Nämlich, dass der Innenminister selbst diese mögliche Offenlegung von Geheimnissen eingeleitet und damit Ermittlungen gegen ihn verhindert hat. Ein Verfahren, das hierzulande einzigartig ist.“
Andreas Stoch, Fraktionsvorsitzender der SDP, und Hans-Ulrich Rülke, Fraktionsvorsitzender der FDP im baden-württembergischen Landtag, fordern den Rücktritt von Thomas Strobl (CDU). dpa Bildfunk Picture Alliance
FDP droht mit Untersuchungskommission
Auch der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Hans-Ulrich Rülke, äußerte sich sehr deutlich. „Bei den Lücken, die sich auftun, kann dieser Minister nicht länger im Amt bleiben. Strobl wollte die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zur Veröffentlichung des Schreibens einstellen und das Disziplinarverfahren gegen den Beamten torpedieren.
„Das ist ein grundlegender Angriff des Verfassungsministers auf die Rechtsstaatlichkeit.
Rulke wurde von einer Untersuchungskommission bedroht. Sollte Strobl nicht zurücktreten, werde er die Opposition zwingen, sein Verhalten mit einer Untersuchungskommission umfassend aufzuklären, so der FDP-Politiker.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen hochrangige Polizeibeamte
Seit November ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen einen Polizeikommissar in Baden-Württemberg. So kam es beispielsweise vor Weihnachten 2021 zu einem Überfall auf die Wohnung des Verdächtigen. Der Mann soll den Generalinspekteur in einem Videochat mit seinen Ideen für Sexualpraktiken belästigt haben.
In der Affäre um Vorwürfe sexueller Belästigung gegen einen Polizeikommissar kritisierte die PSD Innenminister Strobl. Sie forderte eine außerordentliche Sitzung eines Landtagsausschusses – wegen eines Presseschreibens. Mehr ▼ …
Als der Brief des Anwalts des beschuldigten Polizeibeamten an das Innenministerium bekannt wurde, wurde die Staatsanwaltschaft in dieser Angelegenheit aktiver. Sie hat eine Untersuchung wegen Verletzung des Berufsgeheimnisses eingeleitet. Der Fall wurde eingestellt, weil das Innenministerium eine Strafverfolgung nicht zuließ. Grund: Das Ministerium hat den Brief wohl selbst an den Journalisten übergeben.
Was macht der Polizeikommissar in Baden-Württemberg?
Der Polizeiinspektor ist der ranghöchste Polizeibeamte in Baden-Württemberg und der ranghöchste uniformierte Beamte. Nach Angaben des baden-württembergischen Innenministeriums ist er für die Steuerung und Koordinierung der zentralen Aufgaben der Strafverfolgung sowie für die strategische Qualitätssicherung und -steuerung zuständig. Er ist auch verantwortlich für die interne Revision, dh. überwacht die Ordnungsmäßigkeit und Effizienz der Arbeitsabläufe der Polizei. In besonderen Fällen, etwa bei bundesweiten Einsätzen, kann er die Führung der Landespolizei übernehmen. Er vertritt die Interessen des Innenministeriums auf Bundesebene bei Führung, Einsatz und Bekämpfung der Polizeikriminalität.
Strobel steht seit Anfang der Woche unter Druck
Anfang dieser Woche warf die PSD Innenminister Strobl vor, die Öffentlichkeit irregeführt zu haben, und forderte Aufklärung. FDP-Innenexpertin Julia Gaul spricht von einem ernsten Problem für den Innenminister. Aus AfD-Sicht bedarf die Weitergabe des vertraulichen Schreibens einer Erklärung von Strobl.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) lehnte eine Stellungnahme ab. Dies sei Sache des Innenministeriums, sagte Kretschmann am 3. Mai in Stuttgart. Man muss sehen, ob die Kommission den Prozess aufklärt oder nicht. “Ich bin sehr spät dafür verantwortlich”, sagte er. Kretschmann sagte, Strobl habe ihn informiert, bevor die Stuttgarter Zeitung über den Fall berichtete. Das hat er berücksichtigt.
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