Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums trägt „das Bergamt“ diesen Bedenken Rechnung, indem es nur den 4. Basisbetriebsplan für Teil 1 genehmigt, der noch nicht die endgültige Anlage von Endböschungen vorsieht“.
Offiziell war lange Zeit alles in Ordnung
Laut einer WDR-Studie hat sich die Bezirksregierung Arnsberg tatsächlich beim Betreiber über den fehlenden Nachweis der Standsicherheit an den Randhängen beschwert. Allerdings hat sie die Tagebaugenehmigung für Quarzkies und Quarzsand erst im April 2021 widerrufen.
Ebenfalls auffällig: Laut Testberichten des Betreibers an die zuständige Leitung des Kreises Arnsberg im Jahr 2015, die der WDR einsehen konnte, war immer alles amtlich. Und die Landesregierung selbst hatte gegen insgesamt zehn Vor-Ort-Termine bis zum Frühjahr 2021 keine Einwände.
Wie sich das einfügt und ob in diesem Zusammenhang ausreichende Maßnahmen zur Sicherung der Böschungen und der Hochwasserschutzmauer getroffen wurden, prüft die Staatsanwaltschaft Köln derzeit. Letzteres wird durch zwei unabhängige Gutachten im Auftrag der Bezirksregierung Arnsberg und der Stadt Erftstadt in Frage gestellt.
Bedenken wegen steigendem Grundwasser
Anfang 2021 teilte der Geologische Dienst NRW der Bezirksregierung Arnsberg zudem mit, dass die End- und Endböschungen nach Fertigstellung des Bergwerks dem ansteigenden Grundwasser nicht standhalten würden. Folgendes schrieb er in einem Brief vom Februar 2021:
„Die GD NRW hat große Bedenken hinsichtlich der Standsicherheit (…) der planfestgestellten Struktur des Schüttgutsystems. Stabilität wurde durch keinen der bisher vorgelegten Berichte nachgewiesen. Alle Gutachten sind ausgelassen oder fehlerhaft.“ Stellungnahme des Geologischen Dienstes Nordrhein-Westfalen
Das bietet sich an, wenn aus der Kiesgrube in Zukunft ein See werden soll. Die Bezirksregierung Arnsberg teilte dem WDR mit: „Die den Antragsunterlagen beigefügten Standsicherheitsberechnungen belegen die Standsicherheit der bestehenden Böschungen. Stichprobenartige Nachrechnungen von Experten der Stadt Erftstadt und der Bezirksregierung Arnsberg bestätigten dies im Jahr 2021.“
Minister im U-Hochwasserausschuss
Das Landeswirtschaftsministerium teilte dem WDR mit, dass ein Schriftverkehr zwischen dem Geologischen Dienst und der Landesregierung aus dem Frühjahr 2021 dem Ministerium bisher nicht bekannt sei. Das sagte auch Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) am Freitag vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags zur Flutkatastrophe. Als Leiter der Obersten Bergbehörde ist er für die Sicherheit der Tagebaue verantwortlich. Laut Pinkwart wurde er jedoch von der Staatsanwaltschaft aufgefordert, seine eigenen Ermittlungen auszusetzen, bis die Ermittlungen abgeschlossen seien. Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass die Kiesarbeiten trotz gravierender Mängel beim Hochwasserschutz genehmigt wurden.
Pinkwart schließt andere Ursachen für das Absacken nicht aus
Ob sich die Bedenken tatsächlich auf die Südseite der später eingestürzten Mine beziehen, müsse noch geklärt werden, sagte Pinkwart. Versäumnisse der Behörden schließe er nicht aus, aber Experten sagen, sie seien noch nicht bewiesen, sagte Pinkworth. Der betroffene Bauherr war verpflichtet, Hochwasserschutzanlagen regelmäßig durch befähigte Personen zu überprüfen. Hierzu wurden Protokolle geführt und nach diesen Unterlagen gab es keine Beanstandungen. Soweit ihm bekannt ist, ist der Grund für den Einsturz des Kieses noch unklar. Dies kann auch am Versagen des Hochwasserschutzes vor der Erft liegen.
Das Hochwasser Mitte Juli 2021
In Erftstadt-Blesem stürzte infolge des Hochwassers der Boden in den Kies und mehrere Häuser stürzten ein. Unwetter mit ungewöhnlich starken Regenfällen haben Mitte Juli in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen eine Flutkatastrophe verursacht. Ganze Landstriche wurden von Gewässern verwüstet. 49 Menschen starben in NRW, der Schaden beläuft sich nach ersten Schätzungen auf rund 13 Milliarden Euro.
In einer früheren Version des Artikels machte der WDR nicht deutlich, dass die Aussagen des Geologischen Dienstes mit steigenden Grundwasserständen in Verbindung gebracht wurden.
Der WDR berichtet zu diesem Thema in den Hörfunknachrichten, im WDR Fernsehen auf WDR Aktuell am 6. Mai 2022 und auf WDR-5-Westblick ab 17:04 Uhr.
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