Seit Kriegsbeginn in der Ukraine hat Deutschland seine Abhängigkeit von russischem Öl deutlich reduziert – doch ein Hindernis steht einem möglichen Embargo noch im Wege: die vom russischen Staatskonzern Rosneft kontrollierte PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schweden. Zur Lösung des Problems muss eine Grundlage für eine Novellierung des Energiesicherheitsgesetzes geschaffen werden. Am Freitag wurde im Bundestag erstmals darüber beraten. Die Bundesregierung muss daher ermächtigt werden, die schwedische Raffinerie unter staatlichen Schutz zu stellen oder gar zu enteignen.
Die schwedische Raffinerie wird über die Druschba-Pipeline mit Öl versorgt und spielt eine Schlüsselrolle bei der Versorgung des Ostens. Bundesweit machten russische Importe 35 Prozent des deutschen Ölverbrauchs der Vorkriegszeit aus. Dieser Anteil wurde bereits auf 12 Prozent reduziert, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) diese Woche mitteilte. Diese zwölf Prozent sind nur Ölimporte aus der schwedischen Raffinerie. Das Geschäftsmodell von Rosneft besteht darin, russisches Öl zu kaufen. Wer dieses Öl nicht mehr möchte, braucht eine Alternative zu Schwedt.
ROSNEFT-ÖL GDRREGS RL-01
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Diese Alternative könnte darin bestehen, die Raffinerie unter staatliche Aufsicht zu stellen – wie im Fall der deutschen Gazprom-Tochter. Habek hatte dafür die Bundesnetzagentur als Treuhänder bestellt. Dies geschah jedoch auf der Grundlage des Außenwirtschaftsrechts und war möglich, weil das Unternehmen von einem anderen russischen Unternehmen übernommen werden musste. Habek sprach die Treuhandverwaltung von unklaren Rechtsverhältnissen und Verstößen gegen Meldevorschriften frei.
Energy Security Act 1975 als Grundlage
Im Fall von Rosneft kann das Energiesicherheitsgesetz nun Grundlage für staatliche Aufsicht sein. Auch eine Enteignung ist möglich. Das Gesetz aus dem Jahr 1975 als Reaktion auf die Ölkrise sah so etwas bereits vor. In der derzeit geplanten Novelle steht jedoch eine klarere Definition der Möglichkeiten bevor. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Enteignungen vorgenommen werden können, um die Energieversorgung sicherzustellen.
Der Parlamentarische Staatssekretär für Wirtschaft, Oliver Krischer (Grüne), als Vertreter des positiv auf das Coronavirus getesteten Habek, sagte im Bundestag, Russlands Präsident Wladimir Putin sei gesehen worden, wie er Energieimporte als Waffe eingesetzt habe – Russland habe die Gaslieferungen eingestellt für Polen und Bulgarien. “Aber wir werden keine Angst haben, unsere Politik zielt auf Rüstung, falls sich die Lage verschlechtert”, sagte Krischer. „Je besser wir vorbereitet sind, je schneller und umfassender wir handeln, desto besser können wir mit der Krise umgehen.
Als “ultimativer Koeffizient” – dh. Als letztes Mittel muss es auch möglich sein, Unternehmen unter klar definierten und sehr strengen Bedingungen zu enteignen. Wer über eine kritische Energieversorgungsinfrastruktur verfügt, kann diese Versorgung nicht gefährden.
Shell kommt auf das Spielfeld
Der FDP-Energiepolitiker Michael Cruze sagte: „Wer kritische Infrastruktur in Deutschland gegen deutsche und europäische Interessen missbraucht, kann diese kritische Infrastruktur nicht mehr besitzen.“ Der SPD-Abgeordnete Bengt Bergt sagte: „Als absolute Notlösung müssen auch wir uns wehren können zum Hebel der Entfremdung.“
Um schnell handeln zu können, muss das Gesetz schnell verabschiedet werden. Dies könnte Mitte Mai der Fall sein. Es gibt noch einen weiteren Hebel: Rosneft will fast die gesamte Raffinerie in Schweden übernehmen, aber das wird derzeit vom Wirtschaftsministerium geprüft.
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Christian Seitenbidel
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Doch woher soll der Ersatz kommen, wenn Schwedt nicht mehr mit russischem Öl versorgt wird? Zum einen kann das Öl per Schiff über den polnischen Hafen Danzig entladen und dann nach Schweden gebracht werden. Schwedt kann auch vom Ostseehafen Rostock aus beliefert werden.
Schwedt kann auch wieder Shell betreiben. Er hatte seine Anteile an Rosneft verkauft. Doch jetzt sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) gegenüber Reuters. Shell will für den Standort da sein, auch wenn es finanzielle Einbußen in Kauf nimmt. Eine Shell-Sprecherin in Deutschland lehnte eine Stellungnahme am Freitag ab. Hintergrund dürfte sein, dass das Bundeswirtschaftsministerium beim Verkauf seiner Anteile an Rosneft durch Shell eingegriffen und das sogenannte Investitionsprüfungsverfahren eingeleitet hat, das den Deal noch hätte verhindern können.
Habek hatte am Dienstag mit der Aussage, das Ölembargo gegen Russland sei für Deutschland “überschaubar”, für Aufregung gesorgt. Er sagte dem ZDF am Donnerstagabend, Deutschland könne einem Embargo zustimmen. Wäre es morgen soweit gewesen, hätte es erfolglose Lieferungen und gewaltige Preiserhöhungen gegeben: „Es tut immer noch sehr weh, aber wir werden keine nationale Katastrophe mehr erleben.“ Gleichzeitig sagte Habek, das Embargo solle klug gestaltet werden. Es besteht die Gefahr, dass im Falle eines Embargos die Weltmarktpreise so stark steigen, dass Putin am Ende mit weniger Öl mehr Geld bekommt.
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