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Melnik empört über “skandalöse Entscheidung”: Berliner Senat hält trotz Kritik an Auflagen für Gedenkstätten fest – Politik

Nach Kritik an den Forderungen nach verschiedenen Gedenkstätten in Berlin anlässlich des 77. Jahrestages des Zweiten Weltkriegs hat der Berliner Senat die Maßnahmen am Samstag verteidigt. „Der Hauptgedanke ist, den 8. und 9. Mai 1945 zu feiern, und damit muss die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus klar von der Situation im Mai 2022 getrennt werden“, sagte das Innenministerium des Senats. Es sei wichtig, „Zusammenstöße zu verhindern“ in Gedenkstätten, die sowohl russische als auch ukrainische Soldaten ehren, die im Kampf gefallen sind.

Am Freitag ordnete die Polizei das Verbot ukrainischer oder russischer Flaggen an 15 Gedenkstätten in Berlin an Sonntagen und Montagen an. Auch militärische Symbole sind dort nicht erlaubt. Dementsprechend gelten diese Verbote nicht für Diplomaten oder Veteranen des Zweiten Weltkriegs. Für den 8. und 9. Mai sind in Berlin zahlreiche Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen geplant.

An allen anderen öffentlichen Orten sei das Tragen ukrainischer Flaggen während dieser zwei Tage weiterhin “allgemein erlaubt”, teilte die Polizei am Samstag mit. Behörden hatten es bereits am Freitag angeordnet. Einige Bilder könnten jedoch den Eindruck erwecken, dass das Tragen ukrainischer Flaggen beispielsweise in Berlin generell verboten ist. Das sei nicht der Fall, heißt es.

Zu den polizeilichen Auflagen für Gedenkstätten gehört auch, dass Uniformen oder Teile von Uniformen – auch in abgewandelter Form – sowie Marsch- oder Militärlieder verboten sind. Das Z-Symbol ist ebenfalls verboten. Der Buchstabe wird von Kriegsverteidigern verwendet und bedeutet “für den Sieg”.

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Zuvor hatte unter anderem der ukrainische Botschafter Andriy Melnik die Berliner Polizei aufgefordert, während der zwei Tage Auflagen für Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen aufzuheben. Melnik twitterte am Freitagabend: „Liebe Gouverneure @FranziskaGiffey, diese skandalöse Entscheidung von @polizeiberlin muss ABGESAGT werden.“ Das ist ein Schlag ins Gesicht der Ukraine und ein Schlag ins Gesicht des ukrainischen Volkes.

Auch die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus hat die Leitlinien kritisiert. „Die ukrainische Flagge bedeutet den Kampf für #Freiheit – wie kann man in Berlin so instinktiv sein, sie zu verbieten?“, sagte CDU-Chef Kai Wegner auf Twitter. Er erwähnte nicht, dass das Beflaggen laut Polizei nicht streng verboten sei, sondern nur an den genannten Gedenkstätten.

Die Berliner Polizei will die geplanten Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen mit einem Großaufgebot begleiten. Etwa 3400 Polizisten sollen an diesem Sonntag und Montag im Stadtgebiet unterwegs sein, sagte ein Sprecher.

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Angesichts des russischen Aggressionskrieges in der Ukraine sei mit einer “sehr heiklen Risikolage” zu rechnen. Es gelte, das würdige Gedenken in Gedenkstätten und Gedenkstätten zu schützen – und gleichzeitig die „Instrumentalisierung des Erinnerns“ zu verhindern, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slovik am Freitag.

“Ideales Datum für russische Propaganda”

Der Verfassungsschutz rechnet am Montag mit einem bundesweiten pro-russischen Vorgehen. Am 9. Mai feiere Russland traditionell den Sieg der Sowjetarmee über Hitlerdeutschland, ein “ideales Datum, um es für russische Propaganda zu nutzen”, sagte Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesdienstes für Verfassungsschutz der Welt am Sonntag. „An diesem Tag ist mit pro-russischen Aktivitäten wie Autoparaden und Demonstrationen im ganzen Land zu rechnen, die auch das Z-Symbol der russischen Invasionsarmee in der Ukraine zeigen könnten“, sagte Haldenwang.

Auch Sicherheitskräfte in den Bundesländern bereiten sich laut einer Studie der Zeitungen der Innenministerien der Funke Mediengruppe auf pro-russische Demonstrationen und Aktivitäten vor. Der Fokus dürfte daher auf Berlin und Nordrhein-Westfalen liegen. Hinweise auf eine erhöhte Gewaltbereitschaft prorussischer Demonstranten gibt es nach Angaben der Länder nicht. Allerdings verwies das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen unter anderem auf die „emotionale Frage“, Streitigkeiten seien daher nicht auszuschließen.

„Niemand sollte sich mit der kriminellen Verwaltung von Wladimir Putin solidarisieren“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) der Neuen Osnabrücker Zeitung. Er findet es “schockierend”, dass während des Russlandkrieges in Europa Anhänger des russischen Präsidenten den Jahrestag der Kapitulation des Nazi-Regimes missbrauchten. (dpa)