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Referendum: Sechs von sieben knacken die 100.000er-Hürde

Das vom niederösterreichischen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusel initiierte Volksbegehren gegen den Transport lebender Tiere fand 426.938 Unterstützer. Das Innenministerium teilte mit, dass 307.629 Österreicher die Anti-Korruptions-Petition unterzeichnet hätten, die als Reaktion auf den Ibiza-Unterausschuss gestartet wurde, oder 4,84 Prozent der 6.361.479 Wahlberechtigten.

Fast gleich viele Unterschriften gab es für zwei ähnliche Anträge gegen die (inzwischen ausgesetzte) Impfpflicht gegen CoV: „NEIN zur Impfpflicht“, vertreten durch Robert Marshall, erreichte im vorläufigen Ergebnis „Obligation“ 246.878 Unterstützer oder 3,88 Prozent stimmen für den Beruf: OHNE RESPEKT!“ (Werner Bolek) auf 246.476 oder 3,87 Prozent.

Grundeinkommen und “Jugendabstimmungen”

Die Initiative Bedingungsloses Grundeinkommen wurde 168.981 Mal (2,66 Prozent) bewilligt. 138.131 Unterschriften (2,17 Prozent) sammelte der Jugendantrag für psychische Gesundheit einer Gruppe um Karina Reitmeier, Vorsitzende der ÖVP-nahen HochschülerInnenschaft.

Debatte

Volksabstimmungen: Wie viel Veränderung bringen sie?

Unter der 100.000-Hürde blieb nur noch der RAUF-Arbeitslosengeldantrag, der von einem Bündnis aus Betriebsräten, NGOs, Sozialwissenschaftlern und Künstlern ins Leben gerufen wurde. 86.217 oder 1,36 Prozent reichen nicht aus, um im Parlament berücksichtigt zu werden.

Volksabstimmung gegen Korruption: Die Parteien schwiegen

Bemerkenswert ist, dass die Fraktionen – mit Ausnahme der NEO – während der Registrierungswoche zum Antikorruptionsreferendum praktisch geschwiegen haben. Und das in einer Zeit, in der die Innenpolitik hauptsächlich aus Korruptionsskandalen und Skandalen besteht. Politikwissenschaftler Peter Filzmeier sah darin einen historischen, aber vor allem taktischen Grund für ORF.at.

NEOS hat vergangene Woche mit einer Pressekonferenz auf die Trommel geschlagen und es gab zwei Sendungen der SPÖ. Dies geschah im Wesentlichen auf Bundesebene. Filtzmeier sagte, Österreich habe historisch gesehen ein “verworrenes Verhältnis” zur direkten Demokratie gehabt.

Nach sieben Jahren nationalsozialistischer Indoktrination im Jahr 1945, als die Republik wiederhergestellt war, war dies nicht überraschend, sondern sehr verständlich. Entsprechend skeptisch waren die Alliierten, starke direktdemokratische Elemente erschwerten zumindest die Verhandlungen über den Staatsvertrag.

Zeit für Reformen „verpasst“

Doch dann sei der Reformzeitpunkt „verpasst“, so Filzmeier – aus dem einfachen Grund, weil Parteien immer nur an mehr direkter Demokratie in der Opposition interessiert gewesen seien, nicht aber, wenn sie an der Macht seien oder seien.

ÖVP und FPÖ haben sich 2017 für mehr direkte Demokratie eingesetzt – doch im gemeinsamen Regierungsprogramm wurde die Durchsetzungshürde drastisch auf 900.000 Unterschriften erhöht und die Umsetzung auf das bekanntlich nicht erreichte Ende der Legislaturperiode verschoben … wegen Ibiza. Und das stehe gar nicht im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen, so Filzmeier.

“Nicht überraschend”

Angesichts der zahlreichen scharfen Skandale – von den Nachwirkungen von Ibiza über die ÖVP-Affäre in der Bundesregierung bis hin zu der in Vorarlberg und anderen – sprechen sich die Parteien nicht eindeutig für eine Verschärfung der Anti-Korruptions-Maßnahmen aus und unterstützen beleidigend das Volksbegehren. .

Das vielleicht Überraschendste an NEOS ist, dass sie die Partei nicht mehr nutzt, um sich als politische Kraft zu positionieren, die Korruption aufdeckt und bekämpft. Zudem legen die Grünen als Regierungspartei mittlerweile viel weniger Wert auf diese Kernkompetenz, den Umweltschutz.

„Sprengstoff für die Koalition“

Wenn die Grünen das Referendum unterstützen, habe das sicher eine “Sprengkraft für die Koalition”, sagte Filzmeier. Angesichts der zweistelligen Werte der Umfrage kann der Verlust einiger Unterstützer hingenommen werden. Und inhaltlich gehen die Forderungen viel weiter als beispielsweise das Parteiengesetz, das ÖVP und Grüne hartnäckig ausgehandelt haben und noch vor dem Sommer verabschieden wollen.

Und die ÖVP, die SPÖ und die FPÖ hätten ohnehin das Problem, dass es „paradox“ wäre, wenn sie das Thema plötzlich für sich entdeckten und daher in dieser Rolle wenig glaubwürdig wären.

Chance verpasst

Auch die „Lücke“, die Volksabstimmungen haben, kann als Maßgabe genutzt werden: dass es sich nicht um einen konkreten Gesetzestext handeln soll, sondern um mehr oder weniger konkrete Gesetzesvorschläge. Beispielsweise könnten die Regierungsparteien argumentieren, dass viele Forderungen ohnehin durch das Parteiengesetz erfüllt werden. Die „Unannehmlichkeit“, dass sogar der Nationale Rechnungshof im vergangenen Jahr sein Projekt eingereicht habe, weil sich nichts bewegt habe, werde dann einfach verschwiegen, so der Politologe.

Historisch gesehen, so Filzmeier, hätten sich ÖVP und SPÖ mit ihrer faktischen Ablehnung von mehr direkter Demokratie gegenseitig geschadet. Denn das schafft dubiosen Bewegungen, wie den aktuellen Impfgegnern, immer wieder die Gelegenheit, zu behaupten, die Mehrheit der Bevölkerung zu vertreten, nicht die gewählten Parteien. Auch eine offene Debatte im Rahmen von Volksabstimmungen wäre laut Filzmeier eine Möglichkeit, solche Behauptungen zu widerlegen.